Süddeutsche Zeitung

Blues Brothers und die Kirche:Die göttliche Komödie

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Waren die "Blues Brothers" auf rechtschaffener Mission, als sie ein Einkaufszentrum und unzählige Polizeiautos zerstörten? Sei's drum: Der Vatikan hat den Film nun zum "katholischen Klassiker" gekürt.

Lynn Scheurer

Dass sie auf einer wahrlich göttlichen Mission sind, war Dan Akroyd und John Belushi, alias Elwood und Jake Blues, schon vor 30 Jahren klar. Nun gibt ihnen auch der Vatikan recht. In dessen Hausblatt L'Osservatore Romano wurden dem Kultfilm vor einigen Tagen ganze fünf Artikel gewidmet. Das Fazit: Blues Brothers ist ein "katholischer Klassiker".

Tatsächlich ist die Geschichte voller biblischer Referenzen: Jake, der Sünder, frisch aus dem Gefängnis entlassen, erkennt seine Mission in der Rettung des Waisenhauses, in dem sein Bruder und er aufgewachsen sind.

Wichtiges Detail dabei: Die beiden Brüder verpflichten sich gegenüber der Nonne Mary Stigmata, das Geld auf rechtschaffenem Wege zu besorgen. Bei der Interpretation von "rechtschaffen" herrscht natürlich ein gewisser Spielraum, zerstören sie doch auf ihrer Mission ein ganzes Einkaufszentrum und unzählige Polizeiautos. Und galt der im Film zelebrierte Blues bislang nicht eher als Teufelsmusik?

Sei's drum. Für den Vatikan zählt allein die aufopferungsvolle Hingabe, mit der die Brüder ans Werk gehen. Und so wird auch darüber hinweggesehen, dass Jakes Erweckungserlebnis ausgerechnet durch eine evangelikale Predigt von James Brown ausgelöst wird. Wer wollte kleinlich sein, wenn die Geschichte des verlorenen Sohnes nacherzählt wird, und urchristliche Themen wie Sünde, Vergebung und Erlösung abgehandelt werden.

Während Elwood sich im vornehmen Zölibat übt, kämpft Jake immer wieder gegen Versuchungen aller Art. Da John Belushi auch privat die Erlösung eher durch illegales Teufelszeug als durch Bibelstudium zu finden glaubte, blieb sein Gesicht im Film die meiste Zeit hinter der legendären schwarzen Sonnenbrille verborgen. Als der einzige Drehtag ohne die dunklen Gläser bevorstand, schwor Belushi der Dreifaltigkeit aus Drogen, Nikotin und Alkohol sogar ab. Wenn auch nur für sechs Tage.

Blues Brothers ist nicht der erste Spielfilm, der vom Vatikan das Gütesiegel "katholischer Film" bekommen hat. Nach Jesus von Nazareth, Die zehn Gebote und Mel Gibsons Passion Christi ist es aber bislang die humorvollste Entscheidung einer Institution, die bislang nicht für ihre Selbstironie bekannt war.

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Quelle:
SZ vom 23.06.2010
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