Süddeutsche Zeitung

Bildband:Diese spöttische Augenbraue

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Eine bebilderte Biografie zeigt das Leben der Filmlegende Hedy Lamarr, die das Selbstbewusstsein hatte, sich nicht allen Wünschen Hollywoods zu fügen.

Von Susan Vahabzadeh

So wie Hedy Lamarrs Schauspielkarriere losging, grenzt es an ein Wunder, dass am Ende eine Hollywood-Karriere daraus wurde. Als sie noch in Wien lebte und Hedwig Kiesler hieß, hatte sie - wahrscheinlich etwas voreilig - den Vertrag für eine Hauptrolle unterschrieben, für Gustav Machatýs "Ekstase". Da spielte sie eine junge Frau, die ihren Ehemann verlässt und sich einen Liebhaber sucht. Sie entsteigt, das war Hedy Lamarr vorher nicht so klar, in "Ekstase" einmal nackt einem See, und später gibt es eine Sexszene mit dem Liebhaber. Beides wäre für Hollywood-Verhältnisse heute noch anrüchig - 1932 aber, als "Ekstase" gedreht wurde, fand William Hays, der oberste Sittenwächter des amerikanischen Kinos, das schlichtweg "gefährlich".

Hedy Lamarr wurde jedenfalls berühmt, in Österreich sogar schlagartig; heute ist sie der Stoff für Legenden. Mit einer räumt die Autorin Michaela Lindinger in ihrer Biografie gründlich auf, mit vielen technischen Details und Erklärungen: Mit dem Gerücht, Hedy Lamarr habe sozusagen die Grundlage der Mobiltelefonie erfunden (hat sie nicht). Sie steigt mit dieser Geschichte ein, dem Patent, das Hedy Lamarr tatsächlich hat eintragen lassen.

Sie war, schreibt Lindinger, später bitter enttäuscht, dass ihre Erfindung, die den Amerikanern helfen sollte, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen, und die sie zusammen mit dem Komponisten Georges Antheil gemacht hatte, ihr so wenig Respekt einbrachte. Den hätte sie spät im Leben, als sie längst keine Rollen mehr bekam und ihrer Tablettensucht wegen nicht immer ganz zurechnungsfähig agierte, gut gebrauchen können. Sie ist eben all das gewesen, was Lindingers Buch "Hedy Lamarr" im Untertitel verheißt: Filmgöttin, Antifaschistin, Erfinderin.

Die eigentliche Filmkarriere kommt in dieser Lebensgeschichte erst danach. Es klappte doch noch mit Hollywood, einige Jahre später. Hedy Lamarr wurde ein Star, als Ziegfeld-Girl im von Busby Berkely gestalteten Musical "Mädchen im Rampenlicht" (1941) beispielsweise, neben James Stewart und Judy Garland; oder als herrliche Delilah in Cecil B. DeMilles "Samson und Delilah" (1949). Sie hatte einen unverwechselbaren Blick - die eine Augenbraue ein wenig hochgezogen, das kann gar nicht jeder. Der spöttische Ausdruck, den ihr diese Fähigkeit verlieh, gehörte zu ihren Markenzeichen.

Lindinger zeichnet alle Stationen dieses Lebens nach: Erfolg, diverse Ehen, das Karriere-Ende, Tablettensucht. Hedy Lamarr war keine Marilyn, die nichts hatte, bevor sie berühmt wurde - vielleicht erklärt das ja den spöttischen Blick. Als sie 1914 geboren wurde, war Wien noch Hauptstadt von Österreich-Ungarn, ihr Vater stammte aus Galizien und war zu Geld gekommen, die Mutter entstammte einer gutbürgerlichen jüdischen Familie. 1937 sprach sie in London vor und bekam einen Vertrag bei MGM, der sie rechtzeitig vor dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland nach Amerika brachte - aber ein Flüchtling war sie nicht. Sie hatte das Selbstbewusstsein, sich nicht in die Frauenrolle zu fügen, die Hollywood am liebsten gewesen wäre -Lamarr lief, wie die andere höhere Tochter von Hollywood, Katharine Hepburn, gern in Hosenanzügen herum. Allerdings galt Hepburn als unweiblich - und Hedy Lamarr als schönste Frau der Welt.

Michaela Lindinger: Hedy Lamarr - Filmgöttin, Antifaschistin, Erfinderin. Molden, Wien 2019. 204 Seiten, 28 Euro.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2019
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