Süddeutsche Zeitung

Nach Protesten gegen Personalie:Berliner Bauakademie bleibt ohne Direktor

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Das ist die Konsequenz aus einem Urteil des Berliner Arbeitsgerichts. Die Bauakademie dürfte nun für mindestens ein weiteres Jahr ohne Leitung bleiben.

Die Leitungsposition der Berliner Bauakademie wird vorläufig unbesetzt bleiben. Der Ende November zum Gründungsdirektor ernannte SPD-Abgeordnete Florian Pronold darf sein Amt nicht antreten. Das entschied am Dienstag das Berliner Arbeitsgericht. Es gab damit der Klage auf Einstweilige Verfügung statt, die der Kasseler Architekturprofessor und frühere Leiter der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt, angestrengt hatte, der sich ebenfalls um die Stelle beworben hatte.

Oswalts Anwalt hatte argumentiert, dass Pronold die in der Ausschreibung für die Stelle verlangten Qualifikationen fehlten, darunter ein abgeschlossenes, für die Themen der Bauakademie relevantes Studium, internationale Erfahrungen als Ausstellungsmacher und wissenschaftliche Publikationen. Pronold hat Jura studiert und ist Berufspolitiker. Der Anwalt des Bundesinnenministeriums, das seit dieser Legislaturperiode auch fürs Bauen zuständig ist, verwies hingegen auf Pronolds Erfahrungen als Parlamentarischer Staatssekretär im Bauministerium.

Mehr als 600 Architekten und Wissenschaftler hatten gegen Pronolds Ernennung protestiert

Die Richterin überzeugte er damit nicht. Der Kläger habe hinreichende Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Stellenbesetzung vorgetragen. Auch das intransparente Vorgehen monierte sie. Jeder Bewerber bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern habe Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Auswahlverfahren. Über eine zweite "Konkurrentenschutzklage" soll am Donnerstag verhandelt werden. Auf den Stopp des Besetzungsverfahrens hat dies aber keine Auswirkungen mehr. Ob bei der Besetzung tatsächlich ein "Auswahlfehler" unterlaufen ist, wird erst in der Hauptverhandlung entschieden, die frühestens in einigen Monaten stattfindet. Schon seit den Neunzigern träumen in Berlin viele vom Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie. Als der Bundestag 2016 dafür 62 Millionen Euro bewilligte, rückte die Realisierung näher. In diversen Wettbewerben, veranstaltet unter der Leitung von Pronold, ging es vor allem um die Frage, was in dem Bau einmal stattfinden solle. Entscheiden, so hieß es, müsse aber der künftige Direktor.

Entsprechend groß war das Erstaunen, als Pronold selbst auf diesen Posten berufen wurde. Mehr als 600 Architekten, Wissenschaftler und Leiter einschlägiger Institutionen haben daraufhin einen offenen Brief unterschrieben, in dem sie gegen Pronolds Ernennung protestierten. Mit dem Urteil vom Dienstag haben sie einen wichtigen Sieg errungen.

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SZ vom 08.01.2020 / jhl
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