Süddeutsche Zeitung

Auto:Dackels Traum

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Es gibt jetzt endlich das Automobil aus dem 3-D-Drucker. Naja, fast. Denn würde man nur die gedruckten Teile zur freien Fahrt nutzen wollen, käme man mit diesem melancholischen Mobil wohl kaum aus der Garage.

Von Gerhard Matzig

Als jetzt gemeldet wurde, dass der verletzte Greifvogel "Söckchen" dank einer im 3-D-Drucker hergestellten Fußprothese wieder laufen kann (obschon ein Greif- und kein Laufvogel), ging ein großes Jubeln durch die technologisch aufgeschlossenen Medien. Stiller war es freilich, als zuvor ein für die Weltraumfahrt konzipiertes Haus-Modul aus dem 3-D-Drucker vorgestellt wurde. Man hatte sich nämlich im Maßstab geirrt - weshalb das Habitat auf dem Mars vermutlich erst mal wohl nur von Söckchen bewohnt werden kann.

Im Reich des Raumdrucks begegnen sich Euphorie und Enttäuschung so regelmäßig, als trenne sie lediglich ein Gartenzaun. Wie etwa jener, dessen Latten ebenfalls schon aus dem 3-D-Drucker kommen. Aber das gilt mittlerweile auch für Bücherregale, Lautsprechergehäuse, Spielzeug und sogar Kunstwerke. Die ersten Bildhauer lassen sich schon zu Druck-Assistenten umschulen. Manch einer begrüßt die verheißungsvolle Technologie als Revolution. Andere meinen, dass der 3-D-Futurismus womöglich noch ein bislang ungedeckter Scheck sei.

Die Skeptiker haben insofern gerade Aufwind, als das jüngst vorgestellte "E-Auto aus dem 3-D-Drucker" noch Druckluft nach oben hat. Das elektrifizierte, reine Stadtauto eines italienisch-chinesischen Konsortiums, das nur 8000 Euro kosten, aber immerhin eine Reichweite von 150 Kilometern bei einem Maximaltempo von 70 Stundenkilometern aufweisen soll, gilt als sensationelle 3-D-Innovation.

Tatsächlich sieht das LSEV (Low Speed Electric Vehicle) aber erstens aus wie ein Smart, also wie ein melancholisch gestimmter Dackel. Und zweitens sollen, wie man auf www.ingenieur.de weiß, "lediglich Räder, Scheiben, Sitze, Motor und Fahrgestell auf herkömmliche Weise produziert werden". Lediglich? Als Laie würde man ja vermuten, dass ein Auto im Wesentlichen aus Rädern, Scheiben, Sitzen, Motor und Fahrgestell besteht. Aber wenn wenigstens der Hebel für den Scheibenwischer aus dem 3-D-Drucker kommt, ist das ja auch schon irgendwie utopisch.

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Quelle:
SZ vom 04.07.2018
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