Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Schätze aus der Schachtel

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Wie es dem Kunstraum Bogenhausen gelang, an noch nie ausgestellte Originalzeichnungen von Hilma af Klint zu kommen

Von Evelyn Vogel

Dass sie die Originale als Leihgaben überhaupt bekommen haben, das "grenzt schon an ein Wunder", lacht Angelika Bartholl. Sie und Brigitte Martin sind sich dessen durchaus bewusst. Denn dass die acht Original-Zeichnungen sowie das Original-Notizbuch von Hilma af Klint nun in dem kleinen, privaten Kunstraum Bogenhausen, den die beiden an der Spitze eines Vereins in der Ismaniger Straße unterhalten, gezeigt werden konnten, ist alles andere als selbstverständlich.

Es sind Originale jener Künstlerin, die das Guggenheim in New York mit der Solo-Schau "Paintings for the Future" und das Münchner Lenbachhaus in der Dreifachausstellung (zusammen mit Georgiana Houghton und Emma Kunz) "Weltempfänger" im Kunstbau gerade feiert. Und an solchen Parallelitäten hätte es auch noch scheitern können, die Befürchtung hatten Bartholl und Martin. Doch die Leihgeber hatten kein Problem damit und die Museen noch weniger. "Das Lenbachhaus hat uns sehr geholfen, die sahen unser Projekt nie als Konkurrenz", erzählt Bartholl. Am Ende wurde es sogar eine Kooperation.

Das Konzept der Kunstraumausstellung "Into the Sun" stellt den Blättern von Hilma af Klint Arbeiten von fünf zeitgenössischen Künstlern gegenüber. Neben denen von Bartholl, die selbst künstlerisch arbeitet, sind es Werke von Jan Albers, Hansjoerg Dobliar, Bernd Ribbeck, Claudia Wieser und - weil man sie im Jahr zuvor ebenfalls gezeigt hatte - Emma Kunz. Aus den Gegenüberstellungen ergeben sich künstlerische Dialoge, die sich in den Räumen der Altbauwohnung im obersten Stock des Hauses sowie im gegenüberliegenden Speicher entspinnen. Das private Ambiente sorgt für teils recht ungewöhnliche Präsentationen. Besonders im Speicher. Da lugt Klints aufgeschlagenes Notizbuch aus der Schublade eines Schränkchens hervor, natürlich überglast, um es zu schützen, während seine Seiten über einem Bett aus Moos an die weißen Wände des Speichers projiziert werden.

Die acht Klint-Zeichnungen hingegen hängen ordentlich gerahmt an den Wänden der Galerie-Wohnung. Dass es sie überhaupt noch gibt, war lange unbekannt. Fünf von ihnen hatte Klint einst eigenhändig kopiert. Diese Kopien sind im Besitz des schwedischen Hilma af Klint Estates in Stockholm. Ebenso wie die Kopie des Notizbuchs, auf der sich allerdings gleich auf den ersten Seiten der handschriftliche Vermerk findet: "Die Originale im Archiv zu Goetheanum Dornach".

Walter Kugler, der viele Jahre das Rudolf-Steiner-Archiv in Dornach leitete, ging einem Hinweis einer Mitarbeiterin der Albert-Steffen-Stiftung nach. Christine Engels konnte sich an eine Schachtel erinnern, auf der der Name "Klint" stand. Oder war es doch "Klimt"? In jedem Fall Grund genug, mal genauer nachzuschauen.

Und siehe da: Darin lagen nicht nur die Originale der fünf bekannten und verschwunden geglaubten Blätter, sondern drei weitere Zeichnungen. Ein insgesamt achtteiliges Konvolut. Bestens erhalten, weil trocken und staubfrei verwahrt, und zudem von großer Leuchtkraft - hatten die zarten Zeichnungen doch nie das Licht einer Ausstellung erblickt. Eigenhändig holten die Macherinnen des Kunstraums Bogenhausen die Werke ab. In wenigen Tagen werden sie sie auch wieder eigenhändig zurückbringen. Zuvor aber soll die Hommage von zeitgenössischen Künstlern an Hilma af Klint noch mit einer Finissage gefeiert werden. An diesem Freitag, 1. März, findet unter dem Titel "Im Rausch" in den Räumen des Kunstraums Bogenhausen ein literarisches Konzert statt, mit Fany Kammerlander am Cello, Johannes Barnikel am Piano und Michael Dangl als Autor und Sprecher.

Into The Sun, Finissage, Fr., 1. März, 19 Uhr, Kunstraum Bogenhausen, Karten nur nach Reservierung unter brima.bri@gmail.com

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SZ vom 28.02.2019
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