Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Ein guter Jahrgang

Lesezeit: 3 min

In der Halle der Lothringer 13 sind von diesem Donnerstag an die Nominierten für den Förderpreis 2018 der Stadt München zu sehen

Von Evelyn Vogel

Das ist ein guter Jahrgang. Ganz egal, wer am 15. Mai ausgezeichnet wird. Er hat zwar keinen einheitlichen Ausgangspunkt wie eine Klasse und muss auch nicht reifen wie ein guter Wein. Aber die Ausstellung der diesjährigen Nominierten für die Förderpreise der Stadt München - die es seit 1947 für Bildende Kunst gibt und mittlerweile zudem in den Sparten Architektur, Design, Fotografie und Schmuck verliehen werden - ist richtig spannend und vielfältig.

Dabei hat die elfköpfige Jury aus Fachleuten und Stadträten mit den 30 Nominierten einen weiten Bogen geschlagen zwischen jungem Nachwuchs und teils hochkarätig Arrivierten, zwischen experimentellen, temporären, situativen und klassischen oder auch industriell-seriell gefertigten Arbeiten. Und auch die Nominierten zeigen, dass es gewaltige Unterschiede gibt, wie man sich auf kleiner Fläche arrangiert und in der Halle der Lothringer 13 präsentiert.

Ein "Hochkaräter" ist beispielsweise der Designer Steffen Kehrle, einst Assistent beim früheren Förderpreisträger Stefan Diez. Sein Konzept raumsparender Objekte zieht er bis ins Detail der Präsentation durch. Auf kleinstem Raum arrangiert er Fotos der Objekte mit einer plastisch-räumlichen Anmutung auf einer schlanken Säule. Auch Theresa Reiter und Katharina Weber wissen, wie man dezent-stylishe Kleidung, die nicht Haute Couture ist, augenfällig in Szene setzt. Hingegen geht Gerhardt Kellermann in die Fläche und demonstriert dabei augenfällig, dass er nicht nur Designer, sondern zudem ein guter Fotograf ist. Super innovatives Design ist bei Christian Zanzotti zu sehen: Motorrad, Fahrrad, Whiskey-Flasche und Wasserpfeife weisen eine markante Handschrift auf. Auch Sebastian Thies ist mit seinen Sneakern aus Kork, Holz, Stein und Baumpilzen hochgradig innovativ - und zudem nachhaltig (man konnte ihn schon bei der MCBW entdecken). Aufwendige und klassisch-haptische Buchgestaltung zeigt Marion Blomeyer.

Überraschend ist: Neben den Designern verblassen die Schmuckkünstler beinahe. Objekte aus poveren Materialien in Vitrinen gelegt - das ist doch arg brav. Eine Ausnahme ist da in jeder Hinsicht Nadja Soloviev, die mit ihren Objekten die Tragbarkeit von Schmuck auf die Probe stellt, auf individuelle Interaktion setzt und zudem ihre Arbeiten lässig an die Wand pinnt.

Die nominierten Architekten lassen sich auch zumeist etwas einfallen, um die gebaute Realität in den Ausstellungsraum zu holen. Meist werden Fotografien mit Modellen kombiniert, aber auch da macht es eben einen Unterschied, ob man nur ein Foto an die Wand klebt wie Katharina Leuschner und Viktoria von Gaudecker oder ein Raum-im-Raum-Konzept entwickelt wie Stephan Rauch oder die Vielfalt von Architekturen deutlich macht durch eine Idee wie den riesigen Postkartenständer von Olga Ritter und Kilian Jockisch. Sofia Dona, ebenfalls als Architektin nominiert, arbeitet an der Schnittstelle zur Bildenden Kunst. Ihre Arbeiten in und mit dem öffentlichen Raum sind ungemein spannend. Man sollte nach einem Besuch in der Ausstellung einen Blick auf den "nackten" Gärtnerplatz werfen. Und wie sie Themen wie die berüchtigte "Neuperlacher Mauer" künstlerisch umsetzt, ist großartig.

Bei den Bildenden Künstlern ist auffällig, dass nur ein klassischer Maler, Leonhard Hurzlmeier, vertreten ist. Babylonia Constantinides und Judith Egger arbeiten mit ihren Arbeiten (schon mal zu sehen im Maximiliansforum und beim zwei:eins-Preis von Sonet) multimedial, ebenso Anton Kaun. Inhaltlicher Feldforschung widmet sich der junge, aber schon mehrfach in Ausstellungen präsente Philipp Gufler. Feldarbeit im Bereich der Materialität betreibt Raphael Krome.

Bleibt noch die Sparte Fotografie. Da sind zum Beispiel so bekannten Positionen wie die von Carola Vogt und Peter Boerboom dabei, die mit ihren Schwarz-Weiß-Arbeiten an der Schnittstelle zur Land Art arbeiten. Gut, aber eher klassisch ist die Isreal-Serie von Kilian Blees; etwas anders die von Elke Dreier. Die mit Abstand interessanteste fotografische Arbeit ist die von Florian Freier, der in seiner Serie "The Moving City" der Innenstadtflucht von Einwohnern Barcelonas und dem Entmietungs- und Umwidmungswahnsinn durch die Plattform Airbnb nachgeht. Foto-Diptychen, die mit Hilfe von 17 000 GPS-Daten entstanden sind (auf einem Screen durchlaufend). Beeindruckend.

Förderpreise 2018 der Landeshauptstadt München für Bildende Kunst, Architektur, Design, Fotografie und Schmuck, Lothringer 13 Halle, Lothringerstraße 13, Eröffnung am Do., 22. März, 19 Uhr, bis 27. Mai, Di-So 11-20 Uhr, Preisverleihung am Di., 15. Mai, 19 Uhr

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Quelle:
SZ vom 22.03.2018
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