Süddeutsche Zeitung

Ariana Grande in Berlin:Jesus kann einstecken

Lesezeit: 2 min

Ariana Grande singt das letzte Deutschlandkonzert ihrer aktuellen Tournee in Berlin. Die Show ist wie sie: sehr perfekt, sehr professionell, sehr glatt.

Konzertkritik von Juliane Liebert, Berlin

Ariana Grande hat auf ihren beiden vergangenen Alben sehr viel darüber gesungen, wie toll sie ist und wie toll es ist, toll zu sein. Und dass andere auch ganz toll werden können, wenn sie nur toll genug sind.

Ferner darüber, dass sie alles kriegt, was sie will - weil sie so toll ist. Diese frohe Botschaft überbringt sie am Donnerstagabend bei der letzten Deutschlandshow ihrer Sweetener-Tour auch in Berlin.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind strikt, die Mercedes-Benz-Arena weiträumig abgesperrt - verständlich nach dem Terroranschlag auf eines ihrer Konzerte 2017 in Manchester.

Kurze schrille Schreie ertönen eine halbe Stunde vor Ariana Grandes Auftritt, sie klingen wie vom Band, ein Teil der universellen Choreographie der Erwartung. Rechts und links von der Bühne hängen zwei Himmelskörper: Der rechte ist eindeutig der Mond, der andere könnte der Gefängnisplanet aus Alien sein oder die Sonne. Die beiden verschmelzen. Ein Geschrei setzt ein, wie es wieder ertönen wird, wenn endlich ein Komet die Erde trifft. Es beginnt.

Aus dem Boden fährt ein Tisch, an dem Tänzer die Szene des letzten Abendmahls nachstellen. In ihrer Mitte Grande mit Puffärmeln. Sie singt los. Und Jesus kann einstecken - im Zweifelsfall kann sie mit dieser gewaltigen Stimme, die unerwartet aus ihrem schmalen Körper tönt, einfach alle niederröhren. Sie könnte mühelos Schwärme von Popsängerinnen mit aparten dünnen Stimmchen wegblasen. Heute muss sie nur ihr euphorisch schreiendes Publikum übertönen. Und zwischendurch muss sie auch mal atmen. Das tut sie dann zu hymnisch pulsierenden Housesynthies und einem Stadionrockgitarrensolo.

Das Konzert ist laut Setlist in fünf Akte geteilt. Nahezu alle klassischen Stücke haben fünf Akte. Hamlet, MacBeth, Die Räuber und eben: Sweetener. Die Kombination aus Mond und Sonne/Alienplanet hat sich in eine überdimensionierte magische Glaskugel verwandelt. Alles deutet darauf hin, dass hier ein Menschenopfer vorbereitet wird. Aber nein: Die Tänzer marschieren mit ihrer Anführerin einmal über den Laufsteg durchs Publikum und nehmen die Stühle mit, während Ariana "Break up with your girlfriend, I'm bored" darbietet. Drei Zuschauer schleichen sich zu spät mit einer Portion Pommes in die Arena.

Dann kniet Ariana ganz allein am vorderen Rand der Bühne. Weiße Lackstiefel bis über die Knie. Die Show ist wie sie: sehr perfekt, sehr professionell, sehr glatt. Die Tänzer replizieren Grandes Bewegungen, "I see it, I like it, I want it, I got it", eine elegante Polonaise. "Breathin" singt sie wieder allein, in blaues Licht getaucht, vor diesen zigtausend Menschen, ohne die leiseste Unsicherheit.

Ein paarmal bricht sie im Laufe des Abends in ihrem scheinbar mühelosen Gesang in Gelächter aus, ein freundliches, geschmeicheltes, klingendes Lachen - als ob sie jemand kitzelt, den sie sehr gern hat.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4635698
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.