Süddeutsche Zeitung

ARD-Musikwettbewerb:Nicht eindeutig

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Beim Fagott-Finale wird kein erster Preis vergeben

Von Barbara Doll, München

Ja, es ist nachvollziehbar, dass die ARD-Wettbewerbs-Jury im Fach Fagott keinen ersten Preis vergibt. Keiner der drei Kandidaten ragt hinsichtlich Spiel und Bühnenpersönlichkeit eindeutig heraus. Wie die Jury aber am Ende die Preise aufteilt, ist nicht ganz nachvollziehbar. Der Deutsche Theo Plath hat sich als einziger für Carl Maria von Webers Fagottkonzert in F-Dur entschieden. Wie gut er mit dem bestens unterstützenden Münchner Rundfunkorchester unter Valentin Uryupin kommuniziert, zeigt sich schon im kräftig und selbstbewusst musizierten ersten Satz. Im Adagio fühlt er sich in den durchsichtigen Klang und den Sehnsuchtston der beginnenden Romantik ein. Plath führt einen Dialog mit den Hörnern und nimmt sich Zeit für die Bögen, die er mit rundem Ton ausspielt, tragfähig und kantabel auch in hoher Lage. Im Rondo gibt es minimale Patzer, mehr Witz wäre schön gewesen. Das ändert nichts am soliden Gesamteindruck.

Anders als der sehr konzentriert wirkende Theo Plath scheint der Italiener Andrea Cellacchi die Wettbewerbsnervosität äußerlich zu verarbeiten. Es wird viel zurechtgezupft, am Anzug, am Mundstück, am Instrument. Diese Unruhe lenkt ab, Cellacchi scheint sie aber auszublenden, sobald er sein Instrument ansetzt - und überträgt die Emotionen ins Spiel. Im Adagio von Johann Nepomuk Hummels Fagottkonzert in F-Dur dreht er richtig auf, phrasiert fantasievoll, expressiv; das Fagott in seinen Händen verwandelt sich kurzzeitig in ein Saxofon. Cellacchi bietet viel Klangspektrum, er zeigt, wie weich, aber auch wie herb das Fagott klingen kann.

Umso spannender ist der Vergleich mit Mathis Stier, der ebenfalls Hummels Fagottkonzert ausgewählt hat. Im Vergleich zu Cellacchi ruht er in sich; ähnlich gestaltet er auch das Stück: in apollinischem Ebenmaß, mit einer wunderbar geschmeidigen, weichen Tongebung, aber wenig Überraschungen. Das schwierige Passagenwerk gelingt flüssig und makellos. Der Münchner besticht mit klangschönem, leichtfüßigem Spiel - und gewinnt am Ende den Publikumspreis. Jeder Kandidat auf seine Art hervorragend, keiner herausragend: Das spräche - wie etwa 2017 im Fach Oboe - für drei zweite Preise. Die Jury aber findet zwei Kandidaten "gleich fantastisch" und vergibt zwei zweite Preise an Mathis Stier und Andrea Cellacchi, Theo Plath bekommt den dritten Preis. Was lehrt die Wettbewerbsgeschichte? Platzierungen sagen wenig aus.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2019
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