Süddeutsche Zeitung

Al Gore als Redner:Reporter raus

Was der Kunde kennt, kauft er nicht: Al Gore mag keine Journalisten bei seinen Reden. Weil sie berichten könnten, dass er immer dasselbe sagt.

Detlef Esslinger

Der frühere US-Vizepräsident Al Gore wird am heutigen Freitag in München Journalisten aus dem Saal werfen lassen. Gore spricht auf dem Symposium der "Allianz der Öffentlichen Wasserwirtschaft" (AÖW), dem Verband der kommunalen Wasser- und Abwasserunternehmen.

Sein einstündiger Auftritt soll um 14.15 Uhr beginnen. Journalisten dürfen nur die ersten fünf Minuten dabei sein. Um 14.20 Uhr wird eine AÖW-Mitarbeiterin sie im Auftrag Gores aus dem Saal weisen. Damit die Aktion dort nicht auffällt, werden die Reporter vorher auf dem Balkon platziert.

Es handelt sich um ein Vorgehen, das bei Gore üblich ist. Im vergangenen Jahr war er zu Gast beim Energieversorger EnBW; damals durften Reporter zwar im Raum bleiben, mussten aber unterschreiben, ihn nicht zu zitieren.

Immer die gleiche Chose

Gore, der Friedensnobelpreisträger von 2007, kann als Redner über die New Yorker Agentur Harry Walker gebucht werden. Die Bestimmung über die Medien ist offenbar eine Standardklausel in den Verträgen, die die Agentur im Auftrag Gores abschließt.

"Es ist aussichtslos, da auch nur einen Buchstaben wegverhandeln zu wollen", heißt es in Kreisen des Veranstalters AÖW. Nach Meinung zahlreicher Kongress-Organisatoren, die damit aber nicht zitiert werden wollen, hat die Vorgehensweise einen finanziellen Grund: Gore halte bei all seinen Auftritten mehr oder weniger den selben Vortrag.

Würde über seine Auftritte in den Medien berichtet, fiele dies öffentlich auf, und er könnte seine Honorarvorstellungen nicht mehr durchsetzen. Schätzungen zufolge erhält er pro Vortrag bis zu 200.000 Dollar. Die Agentur Walker lehnte eine Stellungnahme zu der Praxis ab.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2008/jb
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