Süddeutsche Zeitung

100. Geburtstag: Bond-Autor Ian Fleming:Papa Bond

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Umgeben von schönen Frauen, schnellen Autos und bösen Wichten: Der 007-Agent Bond war eine idealisierte, verschärfte Version seines Autors. Heute wäre Ian Fleming 100 Jahre alt geworden.

Alexander Menden

Betrachtet man das Leben Ian Flemings, so erscheint es, als habe er gerade nach jener Vermischung von Fiktion und Wirklichkeit gestrebt, die andere Schriftsteller stets zu vermeiden versuchen. Als habe Fleming, der an diesem Mittwoch 100 Jahre alt geworden wäre, alles dafür getan, seiner berühmten Schöpfung, dem Geheimagenten James Bond, möglichst ähnlich zu sein. In Wahrheit verhält es sich gerade umgekehrt. Bond, der schwarzhaarige, blauäugige Ladykiller mit der Lizenz zum Töten war eine idealisierte, gleichsam verschärfte Version seines Autors.

Die Ähnlichkeiten zwischen beiden sind offensichtlich. Beide stammen aus einer schottischen Familie - Fleming kam allerdings im noblen Londoner Stadtteil Mayfair zur Welt -, beide waren Eton-Schüler und hervorragende Sportler, beide verloren in früher Jugend ihren Vate. Valentine Fleming fiel 1917 im Ersten Weltkrieg, wenige Tage vor dem neunten Geburtstag seines Sohnes. Und beide, Bond wie Fleming, waren Frauenhelden, die Luxus und schnelle Autos liebten.

Doch Fleming ließ Bond all das erleben, was ihm, der während des Zweiten Weltkrieges immerhin als Leutnant des britischen Marine-Nachrichtendienstes fungierte, an Spannendem verwehrt und Gefährlichem erspart geblieben war.

Während Fleming mit einem Schreibtisch-Job vorlieb nehmen musste, durfte 007 im Namen der Krone an der Front Bösewichter wie den perfiden Deutsch-Chinesen Dr. No unschädlich machen. Doch Bonds unerschütterlich imperiale Weltsicht und sein Verhältnis zu Frauen, das von einem heute für manchen schwer nachvollziehbaren kalten Machismo geprägt war, entsprangen direkt und unverfälscht der Haltung Ian Flemings. Was er seinem Agenten mit dem "grausamen Mund" voraus hatte, war jener Charme, den die Film-Bonds in reicherem Maße besaßen als die Romanfigur.

Einen Sinn für filmreife, wenn auch nicht immer sehr praktikable Pläne hatte Fleming schon lange, bevor er Bond 1953 in seinem ersten Roman "Casino Royale" aus der Taufe hob: Während des Krieges schlug er vor, Rudolf Heß, der im Mai 1941 nach Schottland geflogen war, vom Okkultisten Aleister Crowley vernehmen zu lassen. Dies wurde ebenso wenig in die Tat umgesetzt wie der Plan, einen mit Agenten gefüllten, ausgehöhlten Betonklotz vor der französischen Küste versenken zu lassen, um vom Meeresboden aus die Verteidigungsanlagen der Deutschen zu studieren.

007 selbst ersann Fleming dann in seiner Villa "Goldeneye" auf Jamaika. Den Namen lieh er sich bei einem Vogelkundler, dessen Buch gerade zufällig auf seinem Schreibtisch lag. "Casino Royale" markierte den Beginn einer literarischen Erfolgsstory, die erst J.K. Rowling mit ihrer "Harry Potter"-Reihe übertrumpfte. Seine 14 Bond-Romane machten Fleming zum Multimillionär, der es sich leistete, seine Reiseschreibmaschine vergolden zu lassen.

Durch die Verfilmungen mit Sean Connery und Roger Moore wurde der Agent ihrer Majestät zum Kinophänomen. Für seinen Sohn Caspar, der später klinisch depressiv wurde und sich 1975 mit 23 Jahren umbrachte, schrieb er das Kinderbuch "Chitty-Chitty Bang-Bang". Es erschien 1964. Am 11. August desselben Jahres erlag Ian Fleming in seinem Golfclub "St. George's" , der ihn zum berühmten Golfduell zwischen James Bond und dem Verbrecher Auric Goldfinger inspiriert hatte, einem Herzinfarkt.

James Bond sollte jedoch seinen Schöpfer nicht nur in Flemings eigenen Romanen überleben, sondern auch in vielen Nachfolgeprodukten - vor allem natürlich der Kinoreihe. Der erste Film, in dem Daniel Craig als Bond auftrat, war eine Neuauflage des ersten Bond-Romans "Casino Royale". Auch der zweite Craig-Bond "Quantum of Solace" basiert auf einem Original-Fleming, der gleichnamigen Kurzgeschichte von 1959.

Für all jene, die nicht bis zum Filmstart im November warten wollen, gibt es von diesem Mittwoch an einen neuen Roman: Der renommierte Autor Sebastian Faulks hat zum 100. Geburtstag Flemings "Devil May Care" verfasst, in dem er sich in Stil und Personal stark an den Ur-Bonds orientiert hat. So hat die neue Nemesis des Spions, der pharmazeutische Unternehmer Dr. Julius Gorner, die bei Bond-Schurken übliche Deformation aufzuweisen: Er besitzt eine verkrüppelte Hand, eine sogenannte "Affenpfote".

Bei der Londoner Buchmesse im April zeigte sich Faulks gleichermaßen geschmeichelt und genervt von dem Interesse an seinem Bond-Roman, das seine Bücher bisher noch nie in diesem Umfang generieren konnten. Aber so ist es, wenn man eine Legende wie den schreibenden Agenten Ian Fleming beerbt.

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SZ vom 28.05.2008/ehr
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