Süddeutsche Zeitung

Zeitumstellung:Im Dämmerzustand

Lesezeit: 2 min

Die Leser sind sich uneins darüber, ob nun die Winterzeit oder die Sommerzeit die bessere Wahl ist. Ein Schreiber findet jedenfalls, dass die von morgendlicher Dunkelheit besonders betroffene Jugend entscheiden sollte.

" Wer tickt richtig?" vom 26. Oktober und "Die Zeit in uns" vom 27./28. Oktober:

Nicht repräsentativ

Europa hat abgestimmt und sich für ein Ende der Zeitumstellung ausgesprochen. Ganz Europa? Um genau zu sein, waren es 4,6 Millionen von 500 Millionen EU-Bürgern. War es denn eine Volksabstimmung, wie für den Brexit? War es eine Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts mit einer repräsentativen Auswahl, wie bei Wahlprognosen? Nichts davon! Es war eine Onlinebefragung, von der die allermeisten überhaupt nichts mitbekommen haben werden. Mit diesem Ergebnis beschäftigen sich jetzt EU-Kommission und Landesregierungen und -parlamente; Petitessen wie der Klimawandel können warten.

Raimund Poppinga, Hannover

Zu Lasten der Jungen

Bezüglich der Zeitwahl sollte der geschilderten Feststellung der Chronobiologen, dass sich Menschen überwiegend von Eulen in der Jugend zu Frühaufstehern im Alter entwickeln, hinzugefügt werden, dass Rentner und Pensionäre ihren Tagesbeginn völlig frei wählen können und ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung ebenfalls Gleitzeit hat. Nur die zum Spätaufstehen neigenden Schüler und Studenten können einem fixen Zeitschema allesamt nicht entfliehen. Wenn ein großer Teil der Schüler und Studenten bei Wahl permanenter Sommerzeit vor allem in den Wintermonaten die ersten Unterrichtsstunden bei Dunkelheit im Dämmerzustand verbringt, entspringt dies nicht mangelnder Erziehung, sondern ihrem Naturell. Auch dass Kinder in hellen Abendstunden im Sommer nicht einschlafen wollen, entspricht ihrer Natur. Weil aber ein generell späterer Schulanfang nicht umsetzbar ist, geht die Sommerzeitwahl auch für den Winter wieder einmal vor allem zu Lasten der jungen Generation.

Hieraus stellt sich mir die Frage, ob es Rentnern und Pensionären in dieser Frage, die sie kaum betrifft, wirklich erlaubt sein soll, die Jugend zu überstimmen. Vielleicht sollte diese Wahl vorrangig von denen entschieden werden können, die hieran auch strikt gebunden sind.

Richard Geist, München

Horrorvorstellung

Franzosen und Spanier favorisieren die permanente Winterzeit, weil es in Galicien im Winter sonst morgens um zehn noch dunkel sei? Nicht nur dort: Im hohen Norden Deutschlands wäre bei permanenter Sommerzeit im Januar der Sonnenaufgang erst um kurz vor zehn Uhr morgens. Eine absolute Horrorvorstellung. Denken die Sommerzeit-Befürworter auch daran, dass nicht immer Sommer ist? Dass man im Januar abends nicht draußen im Park oder am Strand seine Weinschorle trinkt, sondern mehr Zeit zu Hause verbringt? Die Winterzeit heißt erst seit Einführung der Sommerzeit "Winterzeit" - sie ist unsere natürliche Zeit. Ich war viele Jahre Gegnerin der Zeitumstellung. Jetzt, wo so viele nach Sommerzeit schreien, wünsche ich mir, es würde bleiben, wie es ist. Für hellere Abende im Sommer und hellere Morgen im Winter.

Julia Nieß, Sylt

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Quelle:
SZ vom 31.10.2018
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