Süddeutsche Zeitung

SZ-Werkstatt:Gegurke am Galibier

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Johannes Aumüller hat die Tour de France drei Wochen lang verfolgt und festgestellt: Nirgends verbringt ein Begleiter der legendären Frankreich-Rundfahrt mehr Zeit als am Steuer seines Wagens.

Von Johannes Aumüller

Die Tour de France ist nur was für Autofahrer. Nirgends verbringt ein Begleiter der Frankreich-Rundfahrt während der drei Wochen mehr Zeit als am Steuer seines Wagens. Fahrten zum Start, zum Ziel, zum Teamhotel, zum eigenen Hotel, immer der Karawane nach. 6000 Kilometer kommen so zusammen, und die Krönung zwischendurch sind die Bergankünfte.

Schon bergan kann es aufregend sein, sich zwischen Tausenden Hobbyradlern hindurchzuschlängeln, noch bemerkenswerter sind nach der Etappe die Abfahrten. Dann sind die Hobbyradler weg, aber in die Kehren drängen sich Autos und Wohnmobile. Meist kommt in solchen Momenten die Evacuation zu Hilfe, die, angeführt von der Gendarmerie, alle Mitglieder des Tour-Trosses im Konvoi vom Berg lotst - allerdings in irrwitzigem Tempo. Aber manchmal kommt sie auch nicht, dann heißt es, lange im Abwärtsstau zu stehen. Oder es über eine kleine Seitenstraße zu versuchen, in Alpe d'Huez gibt es eine besonders lohnende.

Natürlich weiß die Tour auch, wie sie einen für das Herumgegurke entschädigen kann. Manch entlegenes, aber famoses Fleckchen offenbart sich in den Wochen durch Frankreich - und manch kulinarischer Genuss. (Geheimfavorit eines Nicht-Gourmets diesmal: Choucroute de la Mer gleich zum Start in der Normandie) Und immer wieder ist es bemerkenswert festzustellen, wie groß die Begeisterung der Franzosen für ihre Tour noch immer ist, trotz aller Dopingthemen.

Apropos: Die Tour-Macher rühmen, dass es außer dem Kokainbefund beim Italiener Luca Paolini schon vier Jahre lang keinen großen Dopingfall gab. Aber ob es wirklich sauber zugeht? Wer die Manipulation thematisiert, erhält merkwürdige Reaktionen - nicht nur von den Fahrer-Teams, sondern auch von manchen Kollegen.

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Quelle:
SZ vom 23.07.2016
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