Süddeutsche Zeitung

SZ-Werkstatt:Cool bleiben

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Alexander Mühlauer ist seit Mai neuer SZ-Korrespondent in Brüssel - in diesen Krisen-Zeiten ein eher anstrengender Job. Er jedoch freut sich über die Gipfel: So kann er täglich mit Menschen verschiedener Nationen zusammenarbeiten.

Von Alexander Mühlauer

So ist es also nach dem Gipfel, traurig ist es nach dem Gipfel. Eine griechische Reporterin sitzt auf dem Boden im Pressesaal des Europäischen Rats und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Ein belgischer Kollege nimmt sie in den Arm. Schon wieder gab es Streit mit Griechenland, und schon wieder keine Einigung. Das einzig Gute in dieser Nacht, sagt die griechische Reporterin, sei: Der nächste Gipfel kommt. Ganz bestimmt.

Anders geht es nicht in Brüssel. Die EU, diese große Kompromiss-Maschine, hört nicht auf zu verhandeln. Auch dann nicht, wenn das Ganze so verfahren ist wie mit Athen. Gerade dann darf man nicht einfach aufhören. Nein, das tut man nicht. So traurig, so unfassbar es manchmal auch sein mag, das Schöne in Brüssel ist: Es geht weiter, irgendwie.

Diese Hoffnung ist es, die alle zusammenhält. Auch die Gipfel-Journalisten, die warten, bis spät in die Nacht. Es wird dann getuschelt, getratscht, gelacht. Da steht der Fernsehreporter aus Portugal neben seinem deutschen Pendant, beide, man darf das sagen, schon ewig in Brüssel. Sie erzählen sich Geschichten von damals, als die Gipfel nicht hier stattfanden, sondern in Fontainebleau oder anderen Schlössern; als das Ambiente schöner und die Frauengeschichten der Staatschefs aufregender waren.

Und wie die beiden so erzählen, übersieht man fast, dass der neue griechische Finanzminister das Ratsgebäude verlässt. Also hinterher. Doch draußen steht schon ein VW-Bus, und weg ist er. Was hat er gesagt? Mal die Kollegen fragen. Was denken sie über Griechenland? Das ist überhaupt das Wunderbare bei einem EU-Gipfel, man kann Meinungen aus 28 Ländern einfangen. Man wird dann immer gefragt, was die Deutschen denken. Und man fragt sich: Tja, was denken die sich eigentlich?

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Quelle:
SZ vom 11.07.2015
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