Süddeutsche Zeitung

SZ-Werkstatt:Christina Berndt

hat zusammen mit Johannes Ludwig für das Buch Zwei über die Verflechtungen von Industrie, Arbeitsmedizin und Deutscher Gesetzlicher Unfallversicherung recherchiert.

Von Christina Berndt

Eigentlich weiß man das ja: Menschen, die durch ihre Arbeit krank geworden sind, haben in der Regel extrem geringe Chancen auf Anerkennung. Renten erhalten sie in den seltensten Fällen - und wenn, dann oft erst nach Jahrzehnten. Insofern sagte ich spontan zu, als mein Kollege Johannes Ludwig vom Dokumentationszentrum "ansTageslicht.de" mit einem Rechercheprojekt an mich herantrat, in dem er die Verflechtungen von Industrie, Arbeitsmedizin und Deutscher Gesetzlicher Unfallversicherung (DGUV) enthüllen wollte. Eines überraschte mich dann aber doch: wie tief diese Verflechtungen gehen und welch geschicktes System die Ansprüche kranker Arbeitnehmer verhindert. Es ist ein System des Ignorierens, Kleinredens, Mundtotmachens, Nebelbombenwerfens. Ganz ähnlich funktionierte dies schon bei der Tabakindustrie, die es jahrzehntelang schaffte, die Risiken des Passivrauchens und sogar des Rauchens selbst kleinzureden. Heute ist es unvorstellbar, dass das so lange so erfolgreich gelang. Ähnlich wird es uns eines Tages womöglich bei den Folgen von Fume Events gehen, die heute häufig noch als absurde Einbildung seltsamer Betroffener abgetan werden - auch ein Ergebnis der erfolgreichen Vertuschungsstrategie.

Protagonisten für die Recherche zu finden war diesmal ein Leichtes. Es gibt genügend kämpferische Betroffene, die sich nicht scheuen, in der Öffentlichkeit für ihre Interessen einzutreten und sich mit den Berufsgenossenschaften anzulegen. Schwieriger war es, in die DGUV und die mit ihr eng zusammenarbeitende Arbeitsmedizin einzudringen. Hier fanden sich nur mit Mühe kritische Stimmen, viele wollten anonym bleiben. Am Ende aber ist es gelungen, kenntnisreiche Fachleute aus allen Bereichen zu finden, die unseren Text im Buch Zwei rund und fundiert machen.

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Quelle:
SZ vom 26.05.2018
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