Sprachlabor:Die Versteher verstehen
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Warum manchen Worten Negatives anhaftet und wie es um die Kleiderordnung für Schürzenjäger bestellt ist.
DER HOHN, der die Bezeichnung "Russlandversteher" begleitet, ist unüberhörbar und wird höchstens von dem übertroffen, der dem "Putinversteher" anhaftet. Unsere Leserin H.-Ü. liegt also richtig, wenn sie sich bei diesen Begriffen an den Terminus "Gutmensch" erinnert fühlt, der auch verächtlich gemeint war, obwohl an guten Menschen im Prinzip nichts auszusetzen ist. Dem auf verstehen basierenden Versteher war es nicht beschieden, so wertneutral verstanden zu werden wie andere deverbative Ableitungen. Vom Leser oder Denker nimmt man nie an, dass sie nicht lesen oder denken, während man dem Versteher automatisch unterstellt, dass er dem, was zu verstehen er vorgibt, in Wahrheit auf den Leim geht. Das war nicht immer so. Im Sprachdienst 3/2014 wurde behauptet, das Substantiv Versteher finde sich in den Wörterbüchern nicht. Bei Grimm ist es aber sehr wohl anzutreffen, und zwar im denkbar positivsten Sinn, indem nämlich Sancho Pansa seine Frau, die ihn wirrer Reden bezichtigt, dahingehend belehrt, dass es ausreiche, wenn Gott ihn verstehe, "denn er ist der Versteher von allen Dingen" (Übersetzung Tieck). Möge dieses Verständnis auf das der Russland- und Putinversteher abfärben!
WAS DAS SEI, ein "Field-Reporter", will Leser N. wissen. Wer Real Madrid gegen FC Liverpool gesehen hat, weiß es: Das ist der Mann, der nach dem Schlusspfiff aufs Spielfield eilt und dem Kapitän der Siegermannschaft Shitfragen stellt.
WENN SCHÜRZENJÄGER noch irgendeinen Nutzen haben, dann den, den Unterschied von Schurz und Schürze zu erhellen. Es handelt sich dabei um sehr ähnliche, in ihren jeweiligen Funktionen aber durchaus andersartige Kleidungsstücke: Der Schmied trägt am Amboss einen Schurz, seine Frau beim Kochen eine Schürze. Leser R. ist das geläufig, weswegen er die "Lendenschürzen", in denen Eingeborene angeblich tanzten, für immer im Kleiderschrank verwahrt wissen will.