Süddeutsche Zeitung

SPD:Mehr Profil und Programm

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Olaf Scholz zeige sich zweckoptimistisch, eine Strategie für seine Partei fehlt kritischem Lesern des SZ-Interviews mit dem Vizekanzler. Eine Schreiberin fordert deutliche Standpunkte der SPD.

Zu " Deutschland braucht eine Regierung ohne CDU und CSU", 31. Oktober/1. November und " Innere Distanz" vom 28. Oktober:

Der Zweckoptimismus von Olaf Scholz greift zu kurz. Zum einen lässt sich die gegenwärtige Situation der SPD nur sehr schwer mit der Genesung vergleichen, die die Partei ab 2009 in Hamburg durchgemacht hat, da es sich hierbei ohnehin um eine sozialdemokratische Hochburg gehandelt hat. Zum anderen zeigen die Umfrageergebnisse, dass gerade im Hinblick auf die SPD die politische Lage in Deutschland alles andere als volatil ist, da man bereits seit Langem ziemlich konstant die 20-Prozent-Marke unterschreitet und es ebenfalls einem psychologischen Gesetz entspricht, dass man ein einmal verloren gegangenes Vertrauen in der Regel nicht so schnell zurückgewinnt.

Deshalb benötigt die SPD jetzt keine (Phantom-)Debatte um mögliche Kanzlerkandidaten, sondern eine starke Programmatik, wie etwa eine Modernisierung der Studienfinanzierung, damit weniger Arbeiterkinder ihr Studium abbrechen, oder eine Steuerreform, die Kapitaleinkünfte höher und Löhne geringer belastet, was der Finanzminister und Vizekanzler leider schuldig bleibt.

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Klare Kante und ein deutlicher Standpunkt. Kein "Rumgeeiere und -gemähre" und Kleinreden von Erreichtem in selbstgewählter Defensive. Beim Verlassen der Groko droht der SPD weitere Marginalisierung. Da hilft auch kein (Berliner) Mietenstopp und Anbiedern bei Wählern, die lieber gleich das Original (rechts oder links) wählen.

Anke Meinzen-Spark, Wuppertal

Wer Pragmatismus ohne Ziel als etwas Positives bewertet, der mag mit der Entscheidung der Mitglieder der SPD vielleicht zufrieden sein, und wer eine lebendige, diskussionsfreudige sozialdemokratische Partei will, der konnte in den vergangenen Wochen als Genosse erfahren, wie so etwas läuft. Denn die SPD hat doch vorgemacht, wie in einer demokratischen Partei eine politische Streitkultur praktiziert wird, die alle Genossinnen und Genossen einbinden soll. Der äußerst knappe Vorsprung des Duos Scholz/Geywitz zeigt deutlich, dass die SPD sehr viele Genossinnen und Genossen beheimatet, denen die Groko gegen den Strich geht. So viel sollte klar sein: Für das Funktionieren der Demokratie in unserem Lande ist es abträglich, wenn die SPD sich in einer großen Koalition verschleißt und alle ihre positiven Initiativen bei den Betroffenen nicht als sozialdemokratisches Werk identifiziert werden können.

Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles wurde zu Recht viel über das notwendige Ende der großen Koalition spekuliert. Die Mitglieder an der Basis der Partei haben nun die große Chance, die inhaltliche und personelle Neuorientierung der deutschen Sozialdemokratie mit ihrer Stimme endlich einzuleiten.

Manfred Kirsch, Neuwied

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Quelle:
SZ vom 14.11.2019
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