Süddeutsche Zeitung

Schule:Viel Frust über Schließungen

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Eine Leserin weist auf die wiederholte Doppelbelastung berufstätiger Eltern durch den erneuten Distanzunterricht hin. Auch die engere Beschränkung der Kontakte träfe Kinder hart, schreibt ein anderer Leser.

Zu " Deutschlands Schulproblem" vom 5./6. Januar:

Dass sich die Schulschließungen nicht negativ auf die Wirtschaft auswirken, ist eine geradezu zynische Feststellung. Es ist richtig, dass Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern tagsüber ihre Kinder betreuen und abends "liegen gebliebene berufliche Aufgaben" nachholen. Was bedeutet das für diese Arbeitnehmer?

Gerade wir Eltern von Kita- und Grundschulkindern sind nun erneut einer Mehrfachbelastung ausgesetzt. Wir, die wir (glücklicherweise noch) Arbeit haben, zahlen Steuern und halten die Wirtschaft am Laufen. Nebenbei betreuen wir unsere Kinder. Die Beschulung ist eine ureigene Aufgabe des Staates. Der jedoch kann dieser Aufgabe aufgrund selbst verschuldeter Ideen- und Konzeptlosigkeit nicht nachkommen und stülpt sie daher den Eltern über. "Distanzunterricht", wie die bayerische Staatsregierung es euphemistisch nennt, bedeutet in sehr vielen bayerischen Grundschulen, dass die Schüler einen Stapel Arbeitsblätter erhalten, den sie im Laufe der Woche durcharbeiten sollen, natürlich mit Hilfe der Eltern.

Die Lehrkraft meldet sich sporadisch via Telefon oder MS Teams, ist aber ansonsten für die Kinder nicht existent. Die Kinder, deren Eltern nicht deutsch sprechen oder einfach nicht in der Lage sind, den Stoff zu erklären, erhalten unglücklicherweise in den nächsten drei Wochen keinerlei Unterricht. Was wohl aus diesen Kindern wird? Und ja, am Abend holen die Eltern die beruflichen Aufgaben nach. Das bedeutet zum Beispiel, dass der berufliche Arbeitstag um 16 Uhr beginnt, nachdem man seit 7 Uhr das Kind unterrichtet, es genährt und mit frischer Luft versorgt hat, und endet um 23 Uhr. Als Ausgleich könnten wir zehn Krankheitstage beanspruchen. Aber: Was werden unsere Chefs und die kinderlosen Kollegen dazu sagen? Und selbst, wenn wir verständnisvolle Arbeitgeber haben: Könnten wir uns die Gehaltseinbußen leisten? Und warum sollten wir die Krankenkassen belasten, die Kinder sind doch gesund und wissensdurstig? Erst vor einem Jahr wollten gewisse konservative Politiker Jugendlichen mit Hinweis auf die Schulpflicht verbieten, Schule zu "schwänzen", um für eine lebenswerte Zukunft zu demonstrieren. Genau diese Politiker enthalten nun mehreren Jahrgängen von Grundschulkindern den Unterricht vor.

Stephanie Häger, München

Die beschlossenen Verschärfungen der Corona-Regeln sind nicht verhältnismäßig und besonders für Familien und Kinder kaum zu ertragen. Auch wenn durch den strengen Lockdown die Infektionszahlen sinken mögen, sind die langfristigen gesellschaftlichen Folgen umso gravierender. Der Umstand, dass sowohl alle Schulen und Kindergärten geschlossen sind wie auch die Tatsache, dass sich Kinder nur noch mit einem Freund oder einer Freundin treffen dürfen, das aber oftmals ohne elterliche Begleitung nicht möglich und somit unmöglich ist, ist kaum hinnehmbar.

Es zeigt sich, dass bei der Beratung über weitere Maßnahmen in keiner Weise an Familien und Kinder gedacht wurde, sicher hängt dies auch damit zusammen, dass hier viele Politiker entscheiden, die selbst keine Kinder haben. Mir scheint, dass die Politik hier immer mehr die Verbindung zur Bevölkerung verliert und nicht wahrnimmt, welcher Schaden durch die Maßnahmen angerichtet wird.

Dennis Steinbacher, Bad Abbach

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Quelle:
SZ vom 12.01.2021
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