Süddeutsche Zeitung

Euro:Leichtfertig eingeführt

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Warum verkündet die Kanzlerin immer wieder, dass mit dem Euro auch die EU zusammenbreche?

Thomas Kirchners Leitartikel "Verlorene Illusionen" vom 17. April ist sehr verdienstvoll, weil er die Dinge schnörkellos und nüchtern beim Namen nennt. Die wenigen, die gegen den Strom schwimmen, von Hans Werner Sinn über Wolfgang Bosbach bis hin zu Peter Gauweiler werden nicht ernst genommen, ignoriert oder als Antieuropäer beschimpft. Und die Kanzlerin verkündet bei jeder Gelegenheit, dass, wenn der Euro zerfiele, auch die EU zerbräche. Aber warum eigentlich? Die EU hat als Wirtschaftsgemeinschaft ohne Euro gut funktioniert. Außerdem haben ja nicht alle EU-Staaten den Euro und leben gut damit. Und wenn Altkanzler Helmut Kohl meinte, dass nur mit dem Euro der Frieden in (West-)Europa sicher sei, kann man nur sagen: Was für ein Unsinn! Die Euro-Länder würden sich auch ohne Euro weder heute noch in Zukunft mit Krieg überziehen. Aber dem Euro ist es letztlich zu verdanken, dass heute in vielen Ländern radikale Parteien wie Pilze aus dem Boden schießen.

Kein Land und kein Mensch will einen europäischen Bundesstaat, niemand möchte eine Brüsseler Zentralregierung, und selbst eine Wirtschaftsregierung mit zentralisierter Wirtschafts- und Finanzpolitik, die für eine funktionierende Währungsunion unabdingbar wäre, ist nicht durchsetzbar, weil die Staaten noch sehr viel mehr und wichtige Kompetenzen an Brüssel abgeben müssten, was sie zu Recht ablehnen. Mit der Einführung des Euro wollte man etwas kompatibel machen, das nicht kompatibel ist|: Unterschiedlich entwickelte Volkswirtschaften mit unterschiedlichen Mentalitäten ihrer Völker.

Die Euro-Einführung war ein sträflich leichtfertiges Experiment der Politiker. Per Volksabstimmung hätte es in Deutschland für den Euro keine Zustimmung gegeben, er wurde uns oktroyiert. Der Maastricht-Vertrag sollte Stabilität garantieren. Aber nicht nur die Krisenstaaten scheren sich heute einen Dreck darum. Es ist das Gegenteil von dem eingetreten, was man versprochen und was der Politik vorgeschwebt hat. Manfred Wölfel, München

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SZ vom 27.04.2015
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