Süddeutsche Zeitung

Urteil zu Abfindungen:Richter erlauben Steuertrick

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Gekündigte Arbeitnehmer dürfen künftig steuerlich tricksen und ihre Abfindung aufspalten. So bleibt mehr Geld in der eigenen Tasche.

Daniela Kuhr

Arbeitnehmer, die bei ihrer Kündigung eine Abfindung erhalten, dürfen steuerlich in Zukunft ein bisschen tricksen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste deutsche Steuergericht, in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. Um die Steuerlast für den Arbeitnehmer zu senken, darf er mit dem Arbeitgeber vereinbaren, die Abfindung aufzuspalten: in zwei Beträge, die in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ausbezahlt werden. Das sei kein Rechtsmissbrauch, stellten die BFH-Richter klar (Aktenzeichen IX R 1/09).

In dem Fall hatte eine Steuerzahlerin aus Baden-Württemberg gegen ihr Finanzamt geklagt. Sie war im Herbst 2000 von ihrem Arbeitgeber entlassen worden. Laut Sozialplan stand ihr eine Abfindung von umgerechnet 38.350 Euro zu, die im November ausgezahlt werden sollte. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben dies aber einvernehmlich geändert: Das Unternehmen zahlte im November 2000 nur den steuerfreien Anteil der Abfindung in Höhe von 12.270 Euro aus. Der Rest folgte im Januar 2001.

Das Finanzamt wollte das nicht akzeptieren. Es forderte für das Jahr 2000 Steuern plus Zinsen nach. Die Beamten waren der Ansicht, der Klägerin sei - aus steuerlicher Sicht - die Abfindung bereits im ersten Jahr in voller Höhe zugeflossen. Denn schon allein mit der Vereinbarung, den Betrag aufzuspalten, habe sie über die gesamte Summe verfügt. Dem schloss sich der BFH nicht an. Arbeitnehmer und Chef dürften den Zufluss einer Abfindung "steuerwirksam gestalten", so die Richter.

"Sehr umstritten"

Daran ändere auch der Grundsatz nichts, dass Sozialpläne bindend seien. Denn Arbeitgeber und -nehmer dürften einzelvertraglich eine günstigere Regelung aushandeln. "Inwieweit steuerliche Gestaltungen bei Abfindungen erlaubt sind, war bislang sehr umstritten", sagt Ulrich Derlien, Steuerberater bei der Augsburger Kanzlei Sonntag & Partner. "Mit dem Urteil hat der BFH nun für mehr Klarheit gesorgt."

Seit einer Rechtsänderung im Jahr 1999 sind Abfindungen immer zu versteuern. Wer mit seinem Einkommen ohnehin schon im Spitzensteuersatz liegt, muss also bis zu 45 Prozent der Abfindung an den Staat abgeben. "Angestellte aber, die normalerweise weniger Steuern zahlen, sollen durch die Einmalzahlung nicht benachteiligt werden, indem sie nur deswegen in den Spitzensteuersatz rutschen", sagt Derlien. Der Gesetzgeber habe daher einen komplexen Mechanismus geschaffen. "Müsste zum Beispiel die Abfindung - rein der Höhe nach - eigentlich mit 40 Prozent besteuert werden, sind nach der begünstigenden Regel vielleicht nur 30 Prozent fällig", erklärt der Fachmann. So werde berücksichtigt, dass es sich bei der Abfindung um eine einmalige Zusammenballung von Einkünften handelt, die sich normalerweise auf mehrere Jahre verteilt hätten.

Steuerliche Beratung lohnt sich

"Über diese gesetzliche Regel hinaus macht der BFH mit dem Urteil vom Mittwoch jetzt den Weg für weitere steuersparende Gestaltungen frei", sagt Derlien. "Betroffenen Arbeitnehmern kann ich daher nur empfehlen, sich vor Auszahlung einer Abfindung steuerlich beraten zu lassen, ob sich für sie eine Aufspaltung lohnt."

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SZ vom 21.01.2010/holz
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