Süddeutsche Zeitung

Urteil des Europäischen Gerichtshofs:Altersgrenze für Polizei-Anwärter ist rechtswidrig

Lesezeit: 2 min

Der Fall

Der Kläger V. Pérez wirft der Stadt Oviedo im Norden Spaniens vor, diskriminierende Bedingungen für die Bewerbung in den Polizeidienst genehmigt zu haben. In ihrer Bekanntmachung des Auswahlverfahrens stand unter anderem, dass Bewerber nicht älter als 30 Jahre alt sein dürften. Pérez fühlte sich diskriminiert.

Der Europäische Gerichtshof sollte klären, ob die Altersgrenze für örtliche Polizeibeamte eine ungerechtfertigte Diskriminierung ist - oder legitim, weil Polizisten, um ihre Aufgaben zu erfüllen, körperlich fit sein müssen.

Das Urteil

Der Gerichtshof urteilte, dass die Grenze von 30 Jahren ungerechtfertigt ist. Das Gesetz der Autonomen Gemeinschaft Asturien, das für die Einstellung örtlicher Polizeibeamter ein Höchstalter von 30 Jahren vorsieht, verstoße gegen die Unionsrichtlinie. In der Richtlinie (2000/78/EG) aus dem Jahr 2000 ist "zur Bekämpfung verschiedener Arten von Diskriminierung ein allgemeiner Rahmen für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf" festgelegt. Insbesondere jegliche Diskriminierung wegen des Alters im Beruf ist darin verboten.

Das Höchstalter für die Einstellung in den Polizeidienst sei eine ungerechtfertigte Diskriminierung, teilte das Gericht nun mit, weil dadurch bestimmte Personen nur wegen ihres Alters anders behandelt werden.

So argumentierte der Kläger

Nach Ansicht von V. Pérez verstößt die Altersgrenze gegen sein Grundrecht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern und Aufgaben unter gleichen Bedingungen. Dieses Recht ist auch durch die Unionsrichtlinie geschützt.

So argumentierte die Stadt Oviedo

Die Stadt Oviedo hält dem entgegen, dass die Bekanntmachung eines Auswahlverfahrens im Einklang mit dem in der Autonomen Gemeinschaft Asturien geltenden Recht stehe. Außerdem würden einige Aufgaben der örtlichen Polizei, wie der "Schutz von Personen und Sachen, Festnahme und Ingewahrsamnahme von Straftätern sowie präventiver Streifendienst", eine besondere körperliche Fitness erfordern.

Die Stadt Oviedo argumentiert auch mit einem Fall aus Deutschland aus dem Jahr 2010: Damals wurde das Einstellungshöchstalter von 31 Jahren für den feuerwehrtechnischen Dienst der Stadt Frankfurt am Main vom Europäischen Gerichtshof als rechtens bestätigt.

So ist die rechtliche Lage

Für den Polizeidienst ist der Gerichtshof anderer Meinung. Das Gericht teilte mit, dass es keinen Anhaltspunkt sehe, "dass die für die Ausübung der Tätigkeit eines örtlichen Polizeibeamten erforderliche besondere körperliche Eignung zwangsläufig eine bestimmte Altersgruppe betrifft". So sieht das auch Ulrich Grund, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München. "Auf Streife gehen und Protokolle führen kann man auch noch mit 50 oder gar 65 Jahren", sagt er, "für Aufgaben, die Fitness verlangen, gibt es ja immer auch jüngere Kollegen."

Nach Ansicht des Gerichtshofs kann durch einen anspruchsvollen körperlichen Eignungstest auf eine weniger einschränkende Art und Weise als durch ein Höchstalter erreicht werden, dass die örtlichen Polizisten über die notwendige körperliche Kondition verfügen.

In Bayern zum Beispiel kann man sich für den regulären Poizeidienst im Alter von 17 bis 25 bewerben, wie ein Sprecher der Münchner Polizei mitteilt. Für Sonderprogramme können sich auch 24- bis 34-Jährige bewerben. "Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft Ein­stel­lungs­höchst­al­ter genauer hinterfragt werden", sagt Anwalt Grund. "Nur, wenn schwere körperliche Tätigkeiten den Schwerpunkt der Aufgaben bilden, haben solche Grenzen Bestand, wie beim feuerwehrtechnischen Dienst. Ansonsten sind diese Grenzen nicht gerechtfertigt."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2219521
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/holl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.