Süddeutsche Zeitung

Studie der OECD:Land der langen Jobsuche

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Auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland gibt es viele Langzeitarbeitslose und schlechtbezahlte Frauen. In einer Studie stellte die OECD weitere Mängel fest - und fordert konkrete Maßnahmen.

Sibylle Haas

Der deutsche Arbeitsmarkt bleibt trotz einiger Fortschritte schwierig. Besonders schlecht schneidet Deutschland bei der Vermittlung derjenigen ab, die ein Jahr und länger ohne Arbeit sind. Dies ergab eine Umfrage der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei 20 von insgesamt 30 Mitgliedsstaaten.

Die Langzeitarbeitslosigkeit sei in Deutschland so hoch wie in kaum einem anderen Staat der OECD, heißt es in dem Beschäftigungsausblick der Organisation, der am Mittwoch vorgestellt wurde. 2007 hätten 56 Prozent aller Arbeitslosen seit mehr als einem Jahr eine Stelle gesucht, im OECD-Durchschnitt seien es weniger als 30 Prozent gewesen. Nur die Slowakei habe einen höheren Anteil an Langzeitarbeitslosen gehabt.

Frauen und Einwanderer seien am deutschen Arbeitsmarkt besonders benachteiligt, schreibt die OECD. Frauen verdienten als Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich 24 Prozent weniger als Männer. Damit sei der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen nach Japan und Korea in Deutschland am höchsten, zeigt die Auswertung der OECD-Daten.

Einwanderer im Nachteil

Außerdem liege die Beschäftigungsquote junger Menschen, deren Eltern aus dem Ausland nach Deutschland eingewandert sind, um etwa 15 Prozentpunkte niedriger als bei jungen Leuten, deren Eltern in Deutschland geboren wurden. Dies sei nur zum Teil durch Unterschiede in der Bildung zu erklären. Ein weiterer bedeutender Grund dürfte laut OECD-Bericht die Diskriminierung am Arbeitsmarkt sein.

Die Organisation fordert Deutschland auf, mehr gegen Ungleichbehandlung zu unternehmen. Die deutsche Gesetzgebung zur Antidiskriminierung könnte verbessert werden, etwa indem der Staat Behörden dazu ermächtige, auch bei Diskriminierungsverdacht und ohne die Beschwerde Einzelner gegen Firmen zu ermitteln.

Die Krise an den Finanzmärkten und Rekordpreise an den Rohstoffmärkten belasteten die Arbeitsmärkte im ganzen OECD-Raum. Das Beschäftigungswachstum dürfte sich 2008 und 2009 verlangsamen, heißt es in dem Bericht. Deutschland liege mit einer Arbeitslosenquote von 7,2 Prozent im Mai um zwei Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt.

Die OECD verwendet eine auf Umfragedaten basierende standardisierte Arbeitslosenquote. Dies ist eine andere Berechnungsmethode als die der Bundesagentur für Arbeit, weshalb die Quoten etwas voneinander abweichen. Der Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter liege mit 69 Prozent leicht über dem OECD-Durchschnitt, so der Bericht.

Allerdings erreichten etwa die Schweiz, Dänemark und Norwegen mit 75 Prozent weit höhere Beschäftigungsquoten. Außerdem entfalle ein großer Teil des Beschäftigungswachstums in Deutschland auf Teilzeitarbeitsplätze. Deutschland habe mit 22 Prozent aller Beschäftigten einen der höchsten Teilzeit-Anteile unter den OECD-Staaten.

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SZ vom 03.07.2008/cag
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