Süddeutsche Zeitung

Frauen in der Chefetage:Ums Golfspielen kommen sie nicht herum

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Frauen in Top-Positionen verdienen schlechter als Männer und scheitern noch immer an Vorurteilen. Professorin Sonja Bischoff hat ermittelt, warum.

K. Läsker

Sie verdienen schlechter als männliche Kollegen, führen weniger Mitarbeiter und steigen seltener auf - aber sie kämpfen sich Jahr für Jahr stärker an die Macht: Zu diesem Urteil über Frauen in Führungspositionen gelangt die Hamburger Professorin Sonja Bischoff. "Wer führt in (die) Zukunft?" heißt die Studie, für die sie seit 1986 Männer und Frauen in leitenden Positionen befragt.

Zum Internationalen Frauentag an diesem Montag stellte Bischoff in Hamburg die Resultate der fünften Studie vor, an der sich 2008 knapp 370 Führungskräfte beteiligten. Danach hat sich der Anteil von Frauen im mittleren Management seit 1986 vervierfacht. Fast jede fünfte Führungskraft in deutschen Firmen ist weiblich, der Frauenanteil kletterte seit 1986 von vier auf 18 Prozent. Das Gros der Chefinnen leitet Personal-, Finanz- und Marketingabteilungen.

Doch was gut klingt, ist selten gerecht: Die meisten Managerinnen verdienen weniger als ihre männlichen Mitstreiter. "Der Nachteil im Einkommen scheint zementiert zu sein", sagt Bischoff. Es gebe eine "75000-Euro-Schwelle", die für etliche Berufe und Branchen gelte. "Die meisten Frauen liegen drunter, die meisten Männer liegen drüber." Obwohl die Löhne für Manager zuletzt kräftig gestiegen seien, hätten sich Frauen bisher nicht an Männer herangerobbt. Im Gegenteil: "Die Einkommen der Männer sind in den letzten Jahren explodiert, die der Frauen nur moderat gewachsen."

Warum abstrampeln?

Die Gehaltsschere wirkt doppelt negativ: Wer als Managerin bei gleicher Leistung weniger verdient, hat weniger Lust aufzusteigen. Nach dem Motto: Was soll ich mich weiter abstrampeln, wenn es eh schlechter honoriert wird. "Frauen wollen seltener weiter nach oben als Männer", meint Bischoff, "dabei sind Frauen durch Geld motivierbar". Die Kluft der Löhne erklärt sich auch durch die Zahl der Untergebenen. Managerinnen sind - auf gleicher Ebene - häufig mit weniger Mitarbeitern ausgestattet.

Die gröbsten Hindernisse für eine weibliche Karriere aber sind - neben dem undankbaren Gehalt - die Vorurteile gegenüber weiblichen Chefs. 24 Prozent der Managerinnen geben an, dass ihnen Führungskompetenzen per se abgesprochen werden. Dies lähmt die Frauenkarrieren der Republik seit Jahren: "Die persönlichen Diskriminierungserfahrungen sind heute so groß wie im Jahr 1986", sagt Bischoff.

Mehr Eigenleistung erwünscht

Aber die Professorin, sie selbst leitet den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Uni Hamburg, betreibt auch harte Frauenschelte: Managerinnen müssen stärker an ihre Karriere glauben und daran gezielt arbeiten, sagt sie: "Spitzenführungskräfte sind Spitzenarbeiter." Häufig hätten Männer mehr Willen zur Macht, während Frauen noch unschlüssig auf Positionen verharrten. "Es wird niemand per Sänfte in die Führungsposition getragen. Einen Großteil müssen Frauen selbst tun."

Den Wunsch nach Teilzeit, den 39 Prozent der befragten Managerinnen angeben, hält Bischoff für abträglich. Frauen müssten für ihren Aufstieg eher mehr arbeiten als weniger: So hätten viel mehr Frauen in Führungspositionen als Männer seit 1986 ihre wöchentliche Arbeitszeit reduziert. In der Folge sind Männer häufiger da, wenn es etwas zu verteilen gibt. "Für Karriere muss man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein", meint Bischoff. Grundsätzlich, so hat sie ausgewertet, seien Frauen weniger mobil als ihre Konkurrenten. "Frauen kleben häufiger an ihrer Stelle."

Gezielter Studieren

Damit künftig mehr Frauen in Chefbüros sitzen, müssten diese auch außerhalb des Jobs informelle Netzwerke pflegen. "Vielleicht kommen Managerinnen um das Golfspielen nicht herum", meint Bischoff. Vor allem aber müssten Frauen für mehr Einkommen kämpfen, auch wenn kein finanzieller Druck besteht, etwa, weil der Ehemann auch arbeitet. Um mehr zu verdienen, sollten Managerinnen darauf bestehen, stärker nach Leistung bezahlt zu werden, sagt sie. Wer über mehr variable Gehaltsbestandteile verfügt, verdiente laut Studie in den letzten Jahr deutlich mehr.

Schon die Wahl der Studienschwerpunkte - die meisten Chefs sind Akademiker - sei entscheidend. Frauen müssten gezielter studieren, fordert Bischoff. Es reiche nicht aus, generell Betriebswirtschaft oder Naturwissenschaften zu studieren. "Frauen studieren am liebsten Biologie. Das ist auch schön, aber nicht so nachgefragt", sagt Bischoff. Schon während des Studiums sollten Frauen "einschlägige berufliche Aktivitäten pflegen" und Spezialkenntnisse erwerben. "Man muss sich etwas aneignen, was die anderen nicht können."

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SZ vom 08.03.2010/holz
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