Süddeutsche Zeitung

Deutsche Studenten in Österreich:Berlin soll bezahlen

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Die Finanzlage an österreichischen Universitäten ist schlecht, die Studenten protestieren. Jetzt soll Deutschland für seine Numerus-Clausus-Flüchtlinge im Nachbarland zahlen.

Michael Frank

Auf Deutschland kommen Forderungen Österreichs zu, für die Vielzahl deutscher Studierender an den Universitäten des Nachbarlandes Ausgleichszahlungen zu leisten. Die angebliche "Flut" Deutscher, unter ihnen viele Numerus-clausus-Flüchtlinge, spielt im Diskurs um Proteste und Besetzungsaktionen an Österreichs Universitäten eine große Rolle. Nun befürwortet auch Bundeskanzler Werner Faymann Ausgleichszahlungen, sekundiert von Schulministerin Claudia Schmied (beide SPÖ). Der für die Hochschulen zuständige Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) hält jedoch nichts davon.

Legitime Forderung

Faymann wünscht sich Geld für Studierende aus Deutschland an Österreichs Universitäten, wie er in der Tageszeitung Der Standard erklärte. Ministerin Schmied meint, da viel mehr Deutsche an österreichischen Hochschulen studierten als umgekehrt, sei die Forderung legitim. Sie fordert ihren Kollegen Hahn auf, noch vor seinem Weggang nach Brüssel, wo er Österreichs EU-Kommissar wird, Verhandlungen darüber zu eröffnen. Befürworter berufen sich darauf, dass es bereits zwischen Schweden und Dänemark solche Zahlungen gebe.

Faymann räumte ein, dies sei ein europäisches Thema, das sich auf bilateralem Wege nicht gut lösen lasse. Der christsoziale Wissenschaftsminister hält, wenn überhaupt, nur eine gesamteuropäische Regelung für sinnvoll. Wenn man alle Studententransfers in Europa betrachte, sei das Verhältnis ziemlich ausgewogen. In früheren Jahrzehnten studierten sehr viel mehr österreichische Studenten in Deutschland als umgekehrt.

Österreichs Studenten fechten gegen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen und für die bessere Finanzierung der überfüllten Universitäten. Wie der Wissenschaftsminister sind die Protestierenden eher gegen Ausgleichszahlungen und sehen die deutschen Kommilitonen nur als Tropfen, der das Fass der hausgemachten Misere zum Überlaufen bringe.

Hauptverursacher der Misere

Die offizielle Hochschülerschaft (ÖH) hingegen hält Ausgleichsforderungen für geboten. Nach Hahns Abgang aus der Wiener Regierung dürfte öffentlicher Druck die Forderungen noch dringlicher werden lassen, auch wenn Hahns Volkspartei (ÖVP) heute noch grundsätzlich dagegen ist. Denn die deutschen Studenten werden von populären Medien gern als Hauptverursacher der insgesamt prekären Verhältnisse an den Universitäten angeprangert.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2009/holz
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