Süddeutsche Zeitung

Krankenhäuser:Viele Hebammen müssen gleichzeitig drei Frauen betreuen

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Von Kim Björn Becker, München

Hebammen, die in deutschen Kliniken angestellt sind, betreuen immer mehr Gebärende gleichzeitig. Diesen Befund legt eine Umfrage nahe, die der Deutsche Hebammenverband (DHV) im vergangenen November durchführen ließ.

Die Ergebnisse der Studie werden an diesem Montag vorgestellt, sie liegen der Süddeutschen Zeitung vorab vor. Demnach gaben mehr als die Hälfte (55 Prozent) der knapp 1700 befragten Hebammen an, dass sich die Anzahl der zu betreuenden Frauen in den vergangenen drei Jahren erhöht habe.

Etwa 46 Prozent der Geburtshelferinnen müssen nach eigener Auskunft häufig drei Frauen parallel betreuen, bei 13 Prozent sind es vier Frauen und bei fünf Prozent mehr als vier Frauen. Darüber hinaus gaben die Befragten mehrheitlich an, dass sich der Arbeitsaufwand im Hinblick auf erforderliche Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben zuletzt erhöht habe. Diese Tätigkeiten umfassen bei vielen Hebammen bis zu 30 Prozent der Arbeitszeit.

Mehr als zwei Drittel der Hebammen klagen über verschlechterte Bedingungen

Der DHV führt die Ergebnisse der Umfrage darauf zurück, dass Hebammen-Stellen in den Kliniken gestrichen oder nicht nachbesetzt würden. Verbandschefin Martina Klenk kritisiert die "immer schlechteren Arbeitsbedingungen" der Hebammen in deutschen Krankenhäusern. Eine hohe Qualität in der Geburtshilfe sei nur möglich, wenn ausreichend Personal vorhanden sei. Mehr als die Hälfte aller befragten Geburtshelferinnen denken "manchmal" oder sogar "häufig" darüber nach, das jeweilige Krankenhaus zu verlassen und sich einen anderen Arbeitgeber zu suchen. In der Summe geben mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass sich die Arbeitsbedingungen in den vergangenen drei Jahren verschlechtert hätten.

Allerdings fördert die Studie auch Ergebnisse zutage, die in eine andere Richtung deuten. So sagt eine knappe Mehrheit (54 Prozent) der befragten Hebammen, dass ihr Dienstplan nur "selten" belastend sei. Bei mehr als zwei Dritteln der Befragten berücksichtige die Klinik überdies individuelle Wünsche hinsichtlich der Arbeitszeit, bei mehr als der Hälfte der Hebammen sind Änderungen des Dienstplans möglich. Die Ergebnisse beziehen sich nur auf Hebammen, die in Kliniken fest angestellt sind.

Bei den freiberuflich tätigen Geburtshelferinnen führten die zuletzt deutlich gestiegenen Prämien für die obligatorische Berufs-Haftpflichtversicherung zu einer starken finanziellen Belastung (die SZ berichtete mehrfach). Seit Beginn dieses Jahres erhalten sie einen sogenannten Sicherstellungszuschlag der gesetzlichen Krankenkassen. Dem war ein langer Streit zwischen dem DHV und dem Spitzenverband der Kassen vorausgegangen, der im Schiedsverfahren aufgelöst wurde. Die Zuschüsse an die freiberuflichen Hebammen werden derzeit aber nur unter Vorbehalt ausgezahlt, da der DHV vor Gericht gegen das Ergebnis der Schiedsstelle vorgeht.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2016
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