Süddeutsche Zeitung

Infektionskrankheiten:Experten rätseln über Zika-Infektion in den USA

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Die üblichen Übertragungswege scheinen ausgeschlossen: Und dennoch hat sich in Utah ein Mensch mit dem Zika-Virus infiziert.

Von Berit Uhlmann

Ein Fall, den die Gesundheitsbehörden im US-Bundesstaat Utah derzeit untersuchen, ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich. Die Epidemiologen haben es mit einem Mann zu tun, der womöglich ein Familienmitglied infiziert hat, das ihn pflegte. Dies wäre ein Übertragungsweg, mit dem bislang niemand gerechnet hatte. Bisher werden Ansteckungen auf Mücken und in weniger Fällen auch auf Sex zurückgeführt. Der Patient, der mittlerweile gestorben ist, hatte zudem unerwartet viele Viren in seinem Blut.

Der Mann war aus einem Zika-Gebiet zurückgekehrt und dann erkrankt. Die genaue Todesursache ist unklar. Das Familienmitglied, das ihn versorgt hatte, erkrankte ebenfalls, erholte sich aber schnell und folgenlos. Doch nun rätseln die Behörden darüber, wie diese Kontaktperson sich das Virus zugezogen hat. Sie war weder in ein Ausbruchsgebiet gereist, noch hatte sie - nach allem, was bekannt ist - sexuellen Kontakt zu einem möglicherweise Infizierten.

Zika-Viren wurden bereits in Blut, Urin, Speichel, Samen und Hirnwasser nachgewiesen. Der verstorbene Patient hatte nach Angaben der US-Seuchenschutzbehörde CDC jedoch 100 000 mal mehr Viren im Blut als üblicherweise bei Infizierten gefunden werden. Ob diese Erregermenge eine Rolle bei der Infektion spielte, ist unklar. Die Behörden haben auch eine Übertragung durch Mücken noch nicht ausgeschlossen, und fangen derzeit Moskitos in der Nähe des Infektionsortes ein. Nach bisherigen Erkenntnissen der CDC ist es jedoch nicht wahrscheinlich, dass sich so weit nördlich die Zika-Überträgermücken vom Typ Aedes finden lassen.

"Der neue Fall in Utah ist eine Überraschung und zeigt, dass wir noch viel über Zika lernen müssen", sagt Erin Staples von der CDC. Die Geschehnisse in dem Bundesstaat sind nicht die einzige unerwartete Entwicklung. Am Wochenende wurde bekannt, dass offenbar erstmals eine Frau einen Mann infiziert hat. Zuvor waren lediglich Ansteckungen dokumentiert worden, die von Männern ausgingen. Welche Bedeutung diese Entdeckungen haben, ist schwer einzuschätzen. 80 Prozent aller Zika-Infektionen verlaufen unbemerkt und werden in der Regel nicht registriert. Im aktuellen Fall gibt die CDC jedoch vorerst Entwarnung: Nach allem, was man aus mehr als 1300 eingeschleppten Zika-Fällen wisse, scheint eine nicht-sexuelle Übertragung von Mensch zu Mensch selten zu sein.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2016
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