Süddeutsche Zeitung

Universitäten:Hochschul-Rektoren fordern Geld für Integration

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Von Johann Osel, München

Hochschulen in ganz Deutschland versuchen gerade, Flüchtlinge fit für ein Studium zu machen, sie wollen jungen Asylbewerbern Chancen geben. Doch trotz aller Gasthörerprogramme, Deutschkurse, Brückenkollegs oder Mentoren - viele Rektoren scheinen noch nicht genau zu wissen, wie sie die Integration am besten bewerkstelligen. Das zeigt eine noch unveröffentlichte Umfrage des Stifterverbands für die Wissenschaft.

Teile des jährlichen Hochschulbarometers, einem Stimmungsbild zu vielen Themen, liegen der Süddeutschen Zeitung vor. Demnach sind die meisten Befragten davon überzeugt, dass akademische Bildung eine wichtige Rolle bei der Integration spielt. Nur knapp 30 Prozent der Rektoren glauben aber, dass die Hochschulen gut darauf vorbereitet sind.

Etwa 50 000 potenzielle Studenten

Laut Schätzungen bringen etwa 50 000 der 2015 Gekommenen "Voraussetzungen für die Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums mit", schreibt die grüne Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage. Das war auch Thema des letzten Plenums der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

Man engagierte sich intensiv, sagte Präsident Horst Hippler; bislang finanziere man das aber überwiegend aus "eigenen knappen Haushalten", Mitarbeiter leisteten freiwillig Mehrarbeit, Studenten kümmerten sich ehrenamtlich. "Dieser Zustand kann nicht mehr lange aufrechterhalten werden." Auch in der Umfrage fordern zwei Drittel der Rektoren Geld für Integration.

Problemfelder sind Zulassung und Studienvorbereitung: Liegen Zeugnisse aus der Heimat vor, zeigen sich Hochschulen großzügig bei der Anerkennung - sie bestehen bei einer regulären Einschreibung aber auf Deutschkenntnisse. "Weder reichen Kenntnisse der Alltagssprache für ein Hochschulstudium, noch können wir allein auf englischsprachige Angebote setzen", so Hippler.

Abstriche bei Leistungsstandards dürfe es nicht geben

Die Professorengewerkschaft Deutscher Hochschulverband ergänzte neulich: Sprachliche und auch fachliche Voraussetzungen müssten von jedem erfüllt werden. Abstriche von Leistungsstandards etwa bei Prüfungen dürfe es nicht geben.

Oft aber sind Dokumente auf der Flucht verloren gegangen. Erst vereinzelt werden Tests erprobt, um Kenntnisse festzustellen. Vornehmlich für Technikfächer, Mathe oder in Naturwissenschaften, da chemische Formeln in Damaskus gleichermaßen gelten wie in Saarbrücken.

Fast alle Unis (98 Prozent) haben in irgendeiner Art Maßnahmen für Flüchtlinge lanciert - Teilnahme meist ohne geklärten Asyl-Status möglich. 40 Prozent aller Hochschulen wissen aber gar nicht, wie viele Flüchtlinge bei ihnen gerade lernen. Aktuell ist die offizielle Zahl der studierenden Flüchtlinge, immatrikuliert oder mit Gasthörerstatus, noch sehr gering, kaum erfassbar.

Beispiel Berlin: An den drei großen Berliner Unis bereiten sich derzeit "nur" etwa 400 Flüchtlinge auf ein Studium vor, hat die Deutsche Presseagentur ermittelt. FU, HU und TU zählen zusammen jedoch mehr als 100 000 Studenten.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2016
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