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Mangel an Musik- und Kunstlehrern:Schule ohne die schönen Künste

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Lehrermangel kennt man bisher vor allem aus Mathematik, Physik oder Informatik. Doch bundesweit haben Schulen immer mehr Probleme, Pädagogen für Musik und Kunst zu finden.

Von Roland Preuß

Schon Wilhelm Busch wusste die künstlerischen Fächer zu schätzen. "Nicht allein das Abc/Bringt den Menschen in die Höh/ Nicht allein im Schreiben, Lesen/Übt sich ein vernünftig Wesen", schreibt er in "Max und Moritz" über den Unterricht seines Lehrers Lämpel.

Das sieht Stephan Dorgerloh ganz ähnlich wie Wilhelm Busch. So wichtig Mathematik und Naturwissenschaften in den Schulen auch seien, "wir brauchen auch kulturelle Kompetenz, das ist der Humus, auf dem unsere Gesellschaft wächst und auch ein gemeinsames Europa", sagt der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK) und Bildungsminister von Sachsen-Anhalt. Musik und Kunst müssten im Fokus bleiben.

Die Frage, wer diesen Humus bereitet, ist allerdings schwierig zu beantworten. Denn bundesweit haben Schulen immer mehr Probleme, Musik- und Kunstlehrer zu finden. Elternvertreter in Thüringen und Sachsen beklagen, dass mangels Lehrern viele Musikstunden ausfallen, Hamburg stellt in seiner Not eifrig Quereinsteiger ein, also Musiker ohne Pädagogik-Ausbildung.

"Musiklehrer zu werden, ist eine gute Entscheidung"

Gerade in Musik sei es schwieriger geworden, Fachlehrer zu bekommen, sagt Dorgerloh, "vor allem auf dem Land". Der SPD-Politiker wirbt nun gezielt für die Fächer. "Musiklehrer zu werden, ist eine gute Entscheidung - und zwar für alle Schularten", sagt er. Es gebe je nach Bundesland sehr gute Perspektiven, "auch für Kunstlehrer".

Lehrermangel kennt man bisher vor allem aus Mathematik, Physik oder Informatik. Hier finden die Pädagogen oft gute Stellenangebote von Unternehmen - wer lieber mit Computern arbeitet als mit Kindern, dem fällt der Wechsel leicht. Bei Musik- und Kunstlehrern ist das anders: Hier sind die festen Stellen außerhalb der Schulen rar. Und freischaffende Musiker müssen sich mit Auftritten bei Hochzeiten oder in Kneipen über Wasser halten, für die es ein besseres Trinkgeld und 'was Warmes aus der Küche gibt. Das sind gute Gründe, die Kunst mit der Aussicht auf eine Beamtenstelle zu verbinden - was ja auch geschieht.

"Viele nutzen das als eine Schaun-wir-mal-Option", sagt ein Musiklehrer eines Berliner Gymnasiums. Viele Studenten entschieden sich erst spät, ob sie wirklich unterrichten wollen - oder vielleicht doch versuchen, von der Musik oder einer ganz anderen Arbeit zu leben.

Bei Kunst und Musik höchster Bedarf an Lehrern prognostiziert

Das wichtigste Nadelöhr sehen die Kultusminister schon am Anfang des Studiums: Für das Lehramtsstudium in Musik oder Kunst gilt es harte Aufnahmeprüfungen zu bestehen. Im Dezember haben sie die Kunst- und Musikhochschulen bereits aufgefordert, bei den Tests neben dem künstlerischen Können die pädagogischen Fähigkeiten stärker zu berücksichtigen - und ihre Kapazitäten voll auszuschöpfen.

Natürlich dürfe man hier nicht übertreiben, sagt KMK-Präsident Dorgerloh. "Wir wollen andererseits keine Welle an Bewerbern, die wir später nicht anstellen können." Allerdings ist bei Kunst und Musik mit der höchste Bedarf an neuen Lehrern prognostiziert.

Auch Wilhelm Busch wusste übrigens etwas zum Lehrermangel zu sagen. Denn Max und Moritz stopfen bekanntlich Lehrer Lämpels Pfeife voll mit "Flintenpulver". Die Explosion macht Lämpel bis auf weiteres arbeitsunfähig. "Wer soll nun die Kinder lehren/ Und die Wissenschaft vermehren", klagt er.

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Quelle:
SZ vom 16.04.2013
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