Süddeutsche Zeitung

Lehrer-Blog über Hausmeister und Schulsekretärin:Heimliche Herrscher

Lesezeit: 2 min

Vor einer Person hat Lehrerin Catrin Kurtz Respekt, und ja, auch ein bisschen Angst. Aber es ist nicht die Rektorin. Wer bei einem flackernden Overhead-Projektor hilft - und wer wirklich das Sagen hat an der Schule.

"So eine Schweinerei, der Mülleimer in meinem Klassenzimmer ist mal wieder nicht geleert worden, jetzt stinkt's da am Montag wieder so!" Kollegin Maier regt sich fürchterlich auf. Tja, hätte sie sich mal nicht mit der Putzfrau angelegt. Wer denkt, dass wir Lehrer an der Schule was zu sagen hätten, oder die Schulleitung, weit gefehlt! Nein, die eigentlichen Herrscher der Schule sind die Putzfrauen, der Hausmeister und die Sekretärinnen.

Die Sicherung ist herausgeflogen? Der Overhead-Projektor flackert nur noch? Der Luftfilter vom Beamer muss gereinigt werden? Man braucht dringend ein Verlängerungskabel für den CD-Player? Oder einen Schraubenzieher, um einen Haken an der Wand nachzuziehen? All das sind Aufgaben, die unser Hausmeister Herr Rieger zügig und zuverlässig erledigt - aber das ist nicht selbstverständlich.

Zittern vor dem Schultyrann

An meiner alten Schule war die einhellige Meinung unter den Kollegen: "Lieber unterrichte ich ohne Overhead-Projektor, als dass ich den Hausmeister bitte, ihn zu reparieren!" Ein guter Hausmeister ist das Herz der Schule, ein schlechter der gefürchtete Tyrann, vor dem viele noch mehr zittern als vor der Schulleitung. Einziger Vorteil dieses Tyrannen: Kein Schüler wollte es auf einen Ordnungsdienst beim Hausmeister anlegen - eine unterschwellige Drohung hat gereicht, um selbst die ärgsten Unruhestifter zur Räson zu rufen.

Der worst case ist allerdings, wenn man mit der Sekretärin nicht kann. Bei ihr laufen alle Fäden zusammen​. Ist der Hausmeister der Hofmarschall, dann ist die Sekretärin die Queen der Schule. Und wenn die Queen nicht will, geht gar nichts: nicht nur für uns Lehrer, nicht für die Schüler und auch nicht für die Schulleitung.

Unsere Schulsekretärin Frau Peters trägt zwar kein Krönchen, aber ihr gesamtes Erscheinungsbild sagt laut und deutlich: Leg' dich bloß nicht mit mir an, Freundchen! Schwarze Haare, so akkurat auf Linie getrimmt, dass man sich daran schneiden könnte; Make-up, das selbst einem Unwetter standhalten würde, Highheels (nie unter acht Zentimetern), dazu wahlweise Lack- oder Lederröcke. Und erst diese Fingernägel! Gefühlt fünf Zentimeter lang und unkaputtbar - allein, dass sie damit Elternbriefe tippen kann, nötigt mir Respekt ab. Mittlerweile.

Väterbesuch im Sekretariat

Ich gestehe: Als ich sie das erste Mal gesehen habe, war mir nicht so ganz sicher, ob ich hier wirklich richtig bin zum Vorstellungsgespräch - an einer Schule. Ich glaube, an keiner anderen Schule holen Väter so gerne ihre kranken Kinder im Sekretariat ab wie bei uns. Unsere Sekretärinnenqueen ist aber auch eine Show, wenn man alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt und sie nicht nervt, sonst ...

Ich mag mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn ich es mir mit Frau Peters verscherze. Sollte dieser Fall jemals eintreten, sagt mir mein gesunder Menschenverstand: Ich müsste wohl einen Versetzungsantrag stellen.

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