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Frühkindliche Bildung:Juniorforscher

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Immer mehr Kita-Fachkräfte absolvieren ein Studium, vor allem Leiter - aber in der Breite des Berufsfelds ist die Quote der Akademiker weiter gering.

Von Johann Osel

Kinderbetreuung hat an sich noch nichts mit frühkindlicher Bildung zu tun - so ungefähr lässt sich der Tenor all der Studien zusammenfassen, die in den vergangenen Jahren einen Qualitätsschub für die Krippen und Kitas gefordert hatten. Der Ausbau der Kapazitäten, der vor allem durch den Rechtsanspruch auf Betreuungsplätze kam, müsse endlich mit einer Professionalisierung einhergehen. Das verlangte etwa ein Gutachten des Aktionsrats Bildung. Das von der bayerischen Wirtschaft initiierte Gremium bekannter Bildungsforscher lieferte auch eine konkrete Idee: Bis 2020 solle an jeder Kita mindestens eine Fachkraft mit Hochschulabschluss tätig sein, um pädagogische Konzepte umzusetzen. Dazu brauche es mehr und auch einheitlichere Studiengänge für Kindheitspädagogik. Kitas seien eben nicht mehr nur als Beschäftigungseinrichtungen für Kinder berufstätiger Eltern zu verstehen.

Die Akademisierung des Erzieherberufs schreitet tatsächlich voran: Binnen zehn Jahren hat sich die Zahl der pädagogischen und Kita-Leitungskräfte mit Hochschulabschluss - in Heil-, Sozial-, Kindheitspädagogik, Erziehungswissenschaft und Sozialer Arbeit - mehr als verdoppelt. Das zeigen neue Daten der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF), die vom Bundesbildungsministerium gefördert wird. In absoluten Zahlen sind es jedoch nur 30 000 Personen. Außerdem fällt deren Quote aufgrund der enormen Größe des Arbeitsfeldes gering aus: Der Anteil der Akademiker in den Kitas lag zuletzt bei 5,4 Prozent. Betrachtet man nur die Leitungsebene, sind es schon 16 Prozent. In Hamburg und Bremen ist fast jede zweite Führungskraft heute Akademiker. Viele Studiengänge wie Kindheitspädagogik sind relativ neu. Lange Zeit hatten Politik und Wissenschaft Vorbehalte gegen eine Akademisierung des Berufs und setzten auf die klassische Fachschulausbildung. Das wird auch auf Dauer so bleiben; ein erstes Umdenken kam aber mit einer OECD-Studie 2004, die unter dem Namen "Baby-Pisa" publik wurde. Erzieher sollten öfter studieren - wie in vielen EU-Ländern. Befürworter der Akademisierung verweisen auf wachsende Bildungsansprüche schon in der Kindheit. Mittlerweile gibt es Dutzende Studiengänge, oft berufsbegleitende. In Umfragen der WiFF berichten Absolventen, dass sie in Kita-Führungsjobs Neues anstoßen könnten, und sie fühlen sich fachlich gestärkt. Jedoch: Das Studium wirkt sich kaum auf den Lohn aus, außer in Leitungspositionen - diese hatten die Absolventen allerdings häufig auch schon vor dem Studium inne.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2016
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