Süddeutsche Zeitung

Wiesn-Wirt Hans Stadtmüller:Kein Fisch namens Vroni

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Die Wiesn am Montag nach der Eröffnung: Die Sonne strahlt und in der Fischer-Vroni sind die Tische bereits besetzt. Hier sind vor allem Einheimische und Stammkunden zu finden. Ein Treffen mit dem Wirt.

K. Haimerl

Das erste Wiesnwochenende ist vorbei, das Feiervolk schläft noch. Das Oktoberfest präsentiert sich fein herausgeputzt bei strahlendem Sonnenschein. Das Wetter dürfte auch der Grund dafür sein, dass es an diesem Montagmittag bereits überraschend voll ist. Es ist die erste Mittagswiesn. Da trifft man Einheimische und liebenswürdige Trachtler.

Ein Zelt, das insbesondere von seinen Stammgästen lebt, ist die Fischer-Vroni. Es ist eines der kleineren Zelte auf der Theresienwiese und die Fans schätzen die familiäre Atmosphäre - neben dem Steckerlfisch, für den das Zelt weltweit bekannt geworden ist. Auf dem Kahn in der Mitte des Festzelts steht Kapellmeister Sepp Folger, er grinst in die Menge. Dann stimmen seine Münchner Musikanten den Bayerischen Defiliermarsch an, der Tag in der Fischer-Vroni ist eröffnet.

In der Boxe 1, direkt unter einem Bild des Flaucherstegs, sitzt Wirt Hans Stadtmüller. Es ist sein Lieblingsplatz hier im Zelt. Er ist der Sohn von Eva Stadtmüller, die das Zelt gemeinsam mit ihrer Schwester Anita Schmid seit 1983 betrieben hatte. 2002 sind beide in kurzer Folge verstorben, seither hat Stadtmüller das Ruder in der Hand. Er ist ein barockes Mannsbild, ein Trachtenleiberl hat er an und wenn er von seiner Kindheit im Zelt erzählt, dann blitzen seine Augen und er grinst verschmitzt.

Mit 14 Jahren musste er bereits Fische verkaufen. Das war gar nicht so einfach. Denn damals hatten die Verkäufer noch keine Waage. Schätzen also musste er den Wert des Fisches. "Da war ich immer recht sozial", sagt er. Denn mit dem jungen Burschen hätten alle Gäste zu Handeln angefangen. "Und dann habe ich den Fisch eben für acht Mark statt für zehn hergegeben."

Darf er was trinken? "Nun ja..."

Nach wie vor kommen die Leute wegen der Fische zu ihm ins Zelt. Eine Tonne davon, so schätzt Stadtmüller, verkauft er am Tag. "Hier ist einfach alle ein bisschen gemütlicher, unser Zelt hat einen familiären Charakter, darauf achten wir", sagt Stadtmüller. Der Tag des 47-Jährigen startet um acht Uhr morgens auf dem Oktoberfest, "um das Zelt abzunehmen, zu schauen, ob alles sauber ist" - und endet um Mitternacht.

Kann man da überhaupt selber ein bisschen feiern? Darf er was trinken? "Nun ja", sagt er und grinst ein wenig verlegen. Und man merkt: Wenn dem Wirt die Susi, seine Lieblingsbedienung, eine Maß in die Boxe 1 bringt, dann knickt er schon mal ein. Und wenn sie ihm dann einen Goldbarsch bringt, dann ist die Welt für Hans Stadtmüller wieder in Ordnung.

Das Verhältnis der Wirtsleute zu den Bedienungen war übrigens schon immer ein Gutes. Und zwar schon bevor Stadtmüllers Familie das Zelt übernommen hat. Einer der Vorgänger, so erzählt Hans Stadtmüller, hat das Zelt nach seiner Lieblingsbedienung benannt, der Vroni.

Es kursieren aber noch andere Geschichten um den Namen des Zelts: So etwa glauben viele Münchner, dass Stadtmüllers Oma die Namensgeberin des Zelts war. Denn die war im Münchner Raum als Fischer-Vroni bekannt, hieß aber eigentlich Philippine Winter. Gesichert jedoch ist, dass sich Stadtmüllers Oma genau wie nun ihr Enkel sehr gerne in dem Zelt aufgehalten hat. Vielleicht war ja hier das Zelt Ursprung für den Spitznamen.

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