Süddeutsche Zeitung

Vorstoß für neues NPD-Verbot:Alleskönner Seehofer

Ministerpräsident Seehofer will die NPD verbieten lassen. Mit dem Abzug aller V-Leute sollte das möglich sein - denkt er und macht es sich damit sehr leicht.

A. Ramelsberger

Das hört sich nach einem echten Seehofer an. Was ganze Scharen von Ministern und Beamten nicht schaffen, löst der bayrische Ministerpräsident quasi im Alleingang.

Da hat der frühere Sozialpolitiker in seiner knapp bemessenen Freizeit offenbar noch einmal die Begründung gelesen, mit der das Bundesverfassungsgericht 2003 das Verbot der rechtsradikalen NPD abgelehnt hatte - und schon soll es eine Lösung geben, wie sie der NPD dennoch beikommen können: einfach alle V-Leute aus der NPD abziehen, dann könne man das Verbot doch noch mal angehen.

So hat er es beim vertraulichen Kamingespräch in Kreuth erklärt und damit seine eigenen Experten überrascht, die in Wahrheit mehr davon verstehen.

Seehofer macht es sich sehr leicht. Denn das Abschalten der V-Leute würde ja nicht eine Woche oder einen Monat dauern. Um die Vorbehalte des Gerichts zu entkräften, müsste die Partei vermutlich zwei Jahre lang unbeobachtet bleiben. Eine lange Zeit.

In dieser Zeit erführe man nichts mehr aus den Hinterzimmern der NPD, sondern müsste sich auf öffentliche Äußerungen der Partei verlassen. Doch die NPD hat viel Übung im Tarnen und Täuschen. Und die rechtsradikalen Kameradschaften blieben von einem Verbot gänzlich unbehelligt.

Die Risiken, die ein neues Verbotsverfahren hätte, überwiegen mögliche positive Auswirkungen bei weitem. Wenn ein Gang zum Bundesverfassungsgericht erneut scheitern würde, könnten das die Extremisten geradezu als Gütesiegel für sich ausschlachten.

Seehofer hat politisch viel bewirkt in den vergangenen Wochen, doch zum NPD-Verbot hätte er besser geschwiegen. Wichtiger ist, nun erst einmal den Angriff auf den Passauer Polizeichef aufzuklären.

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Quelle:
SZ vom 10.01.2009
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