Süddeutsche Zeitung

Vogelschutz:Auf der Suche nach Aas

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Seltene Bartgeier sind derzeit im Oberallgäu rund um den Schochen zu beobachten, wie sie nach verwesten Gämsen suchen - und dabei Angriffe von Steinadlern abwehren müssen.

Von Christian Sebald, München

Es ist ein bizarres Spektakel, das Wanderer im Oberallgäu dieser Tage rund um den 2100 Meter hohen Schochen beobachten können - wenn sie ein gutes Fernglas bei sich haben und dazu etwas Glück. Hoch oben an dem Gipfel kreist ein gewaltiger Bartgeier. Der Aasfresser ist offenkundig auf der Suche nach Gämsen, die im Winter unter eine Lawine geraten sind und deren Kadaver nun durch die Schneeschmelze freigelegt werden.

Da stürzt sich ein Steinadler, der es ebenfalls auf Gämsenkadaver abgesehen haben dürfte, mit ausgestreckten Klauen auf den sehr viel größeren Bartgeier. Immer wieder greift er an, aber letztlich kann er ihm nichts anhaben. Schließlich ist der Bartgeier die Attacken leid, er fliegt davon.

Henning Werth hat das Spektakel schon öfter beobachtet. "Aber es fasziniert mich immer wieder", sagt der Biologe vom Vogelschutzbund LBV. Schließlich zählen Bartgeier mit ihrer Flügelspannweite von bis zu drei Metern zu den weltweit größten Greifvögeln. Außerdem tauchen sie hierzulande nur selten auf.

Bartgeier, die ihren Namen von den auffälligen borstenartigen schwarzen Federn über dem Schnabel haben, waren einst sehr häufig in den Alpen - bis sie vor gut hundert Jahren ausgerottet wurden. Schuld war der Irrglaube, dass sie es auf Lämmer und sogar Kinder abgesehen haben. Erst Jahrzehnte später siedelte man wieder welche in den Alpen an - unter anderem im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern.

Von dort stammen auch die Bartgeier, die nun immer mal wieder im Oberallgäu auftauchen. Dieses Jahr hat Werth schon zwei beobachtet. Der eine ist ein alter Bekannter mit dem Namen Fortuna. Das dreijährige Männchen wurde schon 2016 in der Region gesichtet. Man erkennt es gut an seinen auffälligen Markierungen. Der andere Bartgeier ist ein Neuling ohne Markierung. Meistens sind die beiden für sich alleine unterwegs, nur bisweilen fliegen sie miteinander durch die Lüfte. Am besten, sagt Werth, kann man sie im Oytal in Höhe des Berggasthofs Oytalhaus beobachten.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2017 / cws
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