Süddeutsche Zeitung

Tiergarten Nürnberg:Flüchtiger Gepard wird von Pony verletzt

Lesezeit: 2 min

Gepard Turbo hat seinem Namen alle Ehre gemacht: Das Raubtier überspringt den Zaun seines Geheges im Tiergarten Nürnberg. Bei einer Attacke auf ein Pony zieht er jedoch den Kürzeren. Der Ausbruch des Raubtieres ist nicht der erste Zwischenfall im Nürnberger Zoo.

Olaf Przybilla

Am Mittwoch musste die Mauer am Geparden-Gehege des Nürnberger Tiergartens noch nicht erhöht werden, denn die große Katze - sie hört auf den Namen "Turbo" - ist bislang nicht dorthin zurückgekehrt. Turbo muss sich derzeit von Blutergüssen erholen, zugefügt von einem Pony aus dem Zoo. Der Gepard wird im Stall verarztet, im Gehege zurückgeblieben ist eine deutlich kleinere Katze, die als weniger sprungkräftig gilt. Die 2,70 hohe Mauer kann sie aller Voraussicht nach nicht überwinden, im Gegensatz zum Artgenossen Turbo - der dies am Montag getan und sich auf ein vorbeitrottendes Pony gestürzt hat.

Aus der Konfrontation Pony gegen Gepard ist "eindeutig das Pony als Sieger hervorgegangen", sagt Zoo-Chef Dag Encke. Zwar trug auch das Pony leichte Blessuren davon, die Blutergüsse der Raubkatze seien aber deutlich gravierender. Wie es überhaupt zu der Begegnung von Huf- und Raubtier kommen konnte, darüber können sie im Nürnberger Zoo nur spekulieren: Offenbar sei der Gepard von den sechs Ponys, die gerade im Tierpark ausgeführt wurden - auch am Gehege der Geparden vorbei - so animiert gewesen, "dass er zu einem Mega-Sprung" ausgeholt habe, sagt der Zoo-Chef.

Wie kann das sein? Zwei Meter hoch müssen Befestigungen um ein Geparden-Gehege sein, laut Richtlinie. In Nürnberg sind es an der niedrigsten Stelle 2,70 Meter, an der höchsten 3,10 Meter. Turbo habe auch schon in der Vergangenheit gesteigertes Interesse an passierenden Lebewesen oder auch Autos gezeigt, erklärt Encke, weshalb die Grundmauer - inklusive zweier Elektrozäune - vor etwa fünf Jahren um 40 Zentimeter erhöht wurde. Aber eben nicht überall. Was die Katze nun zu nutzen wusste. Bevor sie zurückkehrt vom Stall ins Gehege, soll die Mauer überall auf 3,10 Meter erhöht werden.

Nach der Attacke auf das Pony und der schmerzhaften Gegenattacke hatte sich Turbo ins Gebüsch verkrochen. Dort wurde die Katze von etwa 15 Zoomitarbeitern umkreist und nach etwa zwei Stunden von einem Veterinär mit einem Gewehr betäubt. Bestand Gefahr für Zoobesucher? Geparden, sagt Encke, gehören in eine gemeinsame Gefahren-Kategorie mit den Hirschen: Man müsse schon wissen, wie man mit ihnen umgehen muss, zu den besonders gefährlichen Tieren aber - wie etwa Tiger - zählen sie nicht. Was nicht bedeute, dass so ein Ausbruch völlig harmlos wäre.

Die meisten Raubtiere, die sich nicht mehr in ihrer angestammten Umgebung aufhalten, seien unberechenbar, sagt Encke. Das heißt, dass man die Besucher - wie in Nürnberg geschehen - abschirmen müsse. "Eine Gefahr für das Leben von Besuchern besteht so oder so nicht", sagt der Zoo-Chef, "aber man muss natürlich auch Verletzungen ausschließen." Deshalb nun die Erhöhung der Mauer - auf 1,10 Meter über das vorgeschriebene Richtmaß.

Turbo ist nicht das erste Raubtier, dem es gelungen ist, aus seinem Gehege im Nürnberger Zoo zu türmen. Im März 2000 war es freilich nicht die Aussicht auf mögliche Beute, sondern offenbar ein gezielter Anschlag auf das Areal von vier Eisbären, das zum Ausbruch geführt hatte. Die Polarbären konnten damals entkommen, weil die Vorhängeschlösser am Gehege von Unbekannten aufgebrochen worden waren. Weil es nicht gelang, die extrem gefährlichen Tiere zu betäuben, mussten sie erschossen werden. Das Eisbären-Gehege wurde danach umgebaut.

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SZ vom 19.01.2012
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