Süddeutsche Zeitung

Stoiber für Söder:Zu Besuch beim Ziehsohn

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Edmund Stoiber nützt einen seiner raren Wahlkampfauftritte, um Markus Söder in den Himmel zu loben.

Kassian Stroh

Es ist ein doppelter Freundschaftsdienst gewesen, den Edmund Stoiber am Mittwochabend Markus Söder erwiesen hat. Zum einen, dass er überhaupt in dessen Stimmkreis Nürnberg-West gekommen ist, ins Eibacher Kirchweihfestzelt, um eine Wahlkampfrede zu halten. Wo doch das EM-Halbfinale ansteht, was er, Stoiber, als eine eher unglückliche Terminplanung empfindet, wie er durchblicken lässt, die er jedoch akzeptierte, als Söder ihm zusicherte, im Zelt eine Leinwand aufbauen zu lassen.

Zum anderen hebt Stoiber nach nur ein paar Minuten zu einer bemerkenswerten Lobrede auf Söder an. Der einstige CSU-Generalsekretär sei ja ein "lauffreudiger, junger Stürmer" gewesen, doch nun stelle er einen Wandel fest: "Du beginnst, Dir die Nummer 10 zu nehmen und in die Rolle des Spielgestalters hineinzuwachsen." Stoiber bezieht dies auf Söders neuen Job als Bezirkschef der Nürnberger CSU. Als Ritterschlag für weitere Aufgaben kann man es auch verstehen.

Nur wenige Bierzeltauftritte wird Stoiber im Wahlkampf absolvieren. Dass er einen davon Söder widmet, geschieht aus Verbundenheit und Sympathie heraus. Söder schließlich bekennt sich auch in Eibach zu seinem Dasein als politischer Ziehsohn und dazu, "Stoiberianer" zu sein.

Zum Einzug bläst dem Duo die Siebenbürger Blaskapelle den Defiliermarsch, die vielleicht 700 Besucher im Zelt huldigen dem CSU-Ehrenvorsitzenden stehend. "Wie in alten Zeiten", jubelt Söder. Auch wenn Stoiber in keinem Amt mehr ist - zum Nachteil dürfte Söder dieser Fürsprecher nicht werden.

Stoibers Wort hat in der CSU nach wie vor Gewicht, und es spricht viel dafür, dass er dies auch einsetzen wird, sollte infolge eines schlechten Wahlergebnisses in der Partei erneut eine akute Führungskrise ausbrechen. Auch bei den Zuhörern im Zelt sind durchaus einige zu finden, die der Meinung sind, beim nächsten Wechsel müsse dann mal wirklich jemand Junges ran. Söder zum Beispiel.

Freilich: Günther Beckstein, der Ministerpräsident, genießt als Nürnberger hier eine gewisse Grundsympathie. Trotzdem sehen ihn manche kritisch: "Zu alt", "er muss resoluter, kämpferischer werden". Ganz im Gegensatz dazu müht sich Stoiber in seiner Rede merklich, jedes Wort zu vermeiden, das als Dissens oder Kritik ausgelegt werden könnte.

Lesen Sie, was Stoiber zu den Schwierigkeiten der CSU zu sagen hat.

"Ich möchte auf alle Fälle niemals in die tagespolitische Debatte eingreifen", sagt Stoiber. Es sei "schlecht, wenn man Meinungsverschiedenheiten produziert". Seine Rolle beschreibt er als die des "Ehrenspielführers", der außerhalb des Platzes stehe und nur "den einen oder anderen Ratschlag" gebe. "Auf dem Spielfeld tragen andere die Verantwortung."

Kein Wort über Huber

Und zwar nicht zu wenig in Stoibers Augen: "Es steht was auf dem Spiel!", ruft er ins Zelt hinein, dessen schwül-dampfige Luft ihm früh schon den Schweiß herunterrinnen lässt. Bei der Landtagswahl gehe es darum, "dieses Land an dieser Spitzenposition zu halten - und das geht nur mit einer starken Führung". Und es entscheide sich die Frage, ob die CSU ihre "überragende Stellung" auch im nächsten Jahrzehnt einnehme.

Drunten im Publikum wächst während der Ansprache die Unruhe hörbar an, und zwar des nahenden Fußballspiels wegen, nicht wegen Stoibers Plädoyer für das Betreuungsgeld. So muss er sich, als er gerade mal eine Dreiviertelstunde gesprochen hat, mit dem Hinweis "Ja, zehn Minuten hamma noch Zeit" etwas mehr Aufmerksamkeit erbitten für ein paar finale Worte zur Energiepolitik.

Doch das sind nur Randbemerkungen, der große Bogen, den Stoiber zieht, geht so: Auch die CSU habe Schwierigkeiten, alle Schichten der Bevölkerung anzusprechen. Das gelinge ihr nur, wenn sie ihre Werte betone. Der Status einer 50plusX-Partei sei keine Selbstverständlichkeit und sei es niemals gewesen, mahnt er. Erst Franz Josef Strauß habe die CSU dazu gemacht. Strauß und Stoiber - das ist auch ein politisches Vater-und-Sohn-Verhältnis.

So kann, wer will, die Linie ein bisschen weiterziehen: "Markus Söder hat mich immer auch ein bisschen an mich selbst erinnert", sagt Stoiber. Seine Nachfolger Beckstein und Erwin Huber erwähnt er nicht ein einziges Mal.

Vielleicht nur deshalb, weil er schnell Schluss machen muss. Es kommt schließlich noch Fußball.

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SZ vom 27.06.2008/bica/aho
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