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Skigebiet Sudelfeld:Bereit für den Kunstwinter

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Startet die Saison schon am Nikolaustag? Der Ausbau der umstrittenen Beschneiungsanlage am Sudelfeld ist abgeschlossen - das komplette Skigebiet kann bei entsprechenden Temperaturen innerhalb von 72 Stunden beschneit werden.

Von Heiner Effern, Bayrischzell

Der größte Speicherteich Deutschlands zur Herstellung von Kunstschnee ist gut zur Hälfte gefüllt. Die für den künstlichen See benötigte Staumauer mit einer Höhe von bis zu 40 Metern ist außen bereits begrünt. Rund um den See laufen noch kosmetische Arbeiten, doch der Bau der größten und umstrittensten Beschneiungsanlage in den bayerischen Alpen ist abgeschlossen. "Wir sind schneibereit", sagt Egid Stadler, Geschäftsführer der Bergbahnen auf dem Sudelfeld.

Die etwa 80 neuen Lanzen, aus denen der produzierte Schnee auf die Pisten herabrieseln soll, sind ebenfalls montiert. "Innerhalb von 72 Stunden können wir unser Gebiet nun komplett beschneien", sagt Stadler. Dafür haben seine Techniker 80 000 Kubikmeter Wasser aus dem unteren Sudelfeld nach oben in den Teich gepumpt. Das entspricht dem Inhalt von 32 Wettkampf-Schwimmbädern. Im kommenden Jahr wird die Schlagkraft der Anlage nochmals deutlich erhöht, dann wird der See komplett bis an die Grasnarbe heran gefüllt.

Neue Sechser-Sesselbahn

Parallel zur Beschneiung errichteten die Bergbahnen am Sudelfeld eine neue Sechser-Sesselbahn, die zwei alte Schlepplifte ersetzt. "Diese Woche ist der TÜV da. Zum Saisonstart steht die Bahn bereit", sagt Stadler. Der ist frühestens für den Nikolaus-Tag geplant. Falls die Natur selbst Schnee liefert oder wenigstens Minus-Temperaturen für den Kunstschnee. Frustriert verfolgen Umweltschützer den bevorstehenden Start der Beschneiung am Sudelfeld. Fast alle namhaften Verbände in Bayern hatten eine Allianz geschmiedet, um den Bau des Teichs am oberen Sudelfeld zu verhindern. Sie wollten eine grundsätzliche Entscheidung gegen die Dominanz des wenig zukunftsträchtigen Skisports im Wintertourismus herbeiführen.

Der Deutsche Alpenverein hatte sogar erstmals in seiner Geschichte als Umweltverband geklagt. Doch mit seinem Partner vor Gericht, dem Bund Naturschutz, scheiterte er vor dem Verwaltungsgericht München. Die Naturschützer halten angesichts der Klimaerwärmung den Bau einer Kunstschneeanlage für unsinnig. Der massive und nicht revidierbare Eingriff in die Natur sei nicht zu rechtfertigen. Auch dann nicht, wenn man damit die kommenden 20 Jahre den Skibetrieb aufrecht erhalten könne.

Massiver Umbau für die Zukunft

Für die Betreiber des Sudelfelds ist das ein Zeitraum, in dem sie ihre Investitionen wieder hereinholen wollen. Gut 12 Millionen Euro kostete der erste Abschnitt der Modernisierung mit Beschneiungsanlage und neuem Sessellift. Im kommenden Jahr soll eine neue Bahn auf den Sudelfeldkopf weitere Schlepplifte ersetzen. Wie hoch die Zuschüsse vom Freistaat sein werden, werde noch geprüft, sagt Sudelfeld-Geschäftsführer Stadler. Er kontert die Kritik der Umweltschützer mit wirtschaftlichen Argumenten. Ohne den massiven Umbau wäre das Skigebiet nicht überlebensfähig, sagt er immer wieder. Die Menschen in der Ferienregion um Bayrischzell bräuchten den Ausbau, wollten aber ihre Heimat auch nicht für immer verschandeln.

Die Liftbetreiber betonen, dass sie deshalb mit Experten aus Österreich eine neue Bauweise praktiziert hätten. "Früher musste ein Speicherteich möglichst lebensfeindlich sein, heute ist das Gegenteil der Fall", sagt Geschäftsführer Stadler. Wenn sich heutzutage Lebewesen und Pflanzen ansiedelten, sei das kein Problem mehr. Um möglichst wenig hässliche Wunden zu hinterlassen, wurde zudem eine Art Boden-Transplantation praktiziert. Ein Bagger trug die Grasnarbe der Almwiesen mit einer Spezialschaufel vorsichtig ab, ein weiterer legte sie in Bereichen, in den die Arbeiten abgeschlossen waren, ab und setzte sie wie bei einem Puzzle wieder zusammen. Die ins Tal abfallende Wand des Damms ist schon komplett mit einer Wiesenoberfläche belegt. Abgeschlossen wird die Begrünung aber erst im kommenden Frühjahr. Stadler ist froh, dass die Arbeiten so weit gediehen sind. Denn ein alter Bekannter hatte im Oktober für eine Zwangspause gesorgt: Naturschnee, 70 Zentimeter hoch.

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Quelle:
SZ vom 25.11.2014
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