Süddeutsche Zeitung

Schottdorf-Affäre:CSU-Fraktion verärgert über Gauweiler

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"Mehr als unglücklich": Die Rolle des Vize-Parteichefs bei der Aufklärung der Laboraffäre stößt auf Kritik. Die Opposition spricht von einem Angriff auf den Landtag und sieht die parlamentarische Demokratie gefährdet.

Von Frank Müller und Mike Szymanski, München

Die Rolle von Partei-Vize Peter Gauweiler bei der Aufklärung der Laboraffäre sorgt im Landtag inzwischen auch in der CSU-Fraktion für wachsenden Ärger. Namentlich will sich zwar niemand zitieren lassen. Gauweilers Engagement wird allerdings als "mehr als unglücklich" empfunden. Parteichef Horst Seehofer sieht derweil keinen Anlass, um auf seinen Stellvertreter einzuwirken: "Ich bin nicht das Kindermädchen vom Gauweiler", sagte er am Rande der Plenarsitzung. Zuvor hatte er stets beteuert, die CSU werde für volle Transparenz bei der Aufarbeitung der Vorwürfe sorgen.

Gauweiler selbst wollte sich zu den Vorwürfen gegen ihn nicht äußern. Der Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf hat unter anderem Gauweiler in dessen Funktion als Rechtsanwalt damit beauftragt, den von allen Fraktionen unterstützten Untersuchungsausschuss per Verfassungsbeschwerde zu verhindern. Das Gremium soll der Frage nachgehen, ob die Justiz womöglich Tausende Ärzte schonte, die mit Schottdorf Geschäfte machten und dabei betrogen haben könnten.

Sollte die Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof Erfolg haben, könnte mit Gauweiler, der für die CSU im Bundestag sitzt, ausgerechnet ein Parlamentarier daran mitwirkt haben, die Kontrollrechte des Landtags zu begrenzen. Franz Schindler (SPD), der Vorsitzende des Rechtsausschusses, sprach in einer eigens einberufenen Sondersitzung am Mittwoch von einem "schweren Angriff" auf den Landtag. "Was so harmlos daherkommt, ist ein ganz schweres Geschütz."

Belastung für die CSU

Wie sehr die Personalie Gauweiler zur Belastung für die CSU im Fall Schottdorf geworden ist, zeigte sich in der Sondersitzung. Das Gremium musste einen Vertreter des Landtags für das anstehende Gerichtsverfahren benennen. Die SPD wollte verhindern, dass der CSU-Politiker und frühere Innenstaatssekretär Jürgen Heike diese Funktion übernimmt. Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold erklärte, weil mit Gauweiler der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Beschwerdeführer vertrete, sei eine "politische Dimension" erreicht, vor der man nicht die Augen verschließen könne. Ein CSU-Vertreter auf Landtagsseite mache das Verfahren zur "innerparteilichen Auseinandersetzung" nach dem Muster "Heike versus Gauweiler".

Mit dem Vorschlag, einen Vertreter mit einem anderem Parteibuch zu benennen, konnte sich die SPD allerdings nicht gegen die CSU durchsetzen, die auf Heike bestand. Stattdessen lieferten sich CSU und Opposition Scharmützel. Ausschusschef Schindler sah sich deshalb veranlasst, die Kollegen zur Ordnung zu rufen: "Wir müssen als Landtag zusammenhalten."

Einstimmig beschloss das Gremium, die Verfassungsbeschwerde als "unbegründet" zurückzuweisen. Schindler sagte: "Es ist unsere Pflicht dagegenzuhalten." In der Sache räumen die Ausschussmitglieder parteiübergreifend Schottdorfs Klage wenig Chancen auf Erfolg ein. Schindler erklärte zwar, beim ersten Lesen der Verfassungsbeschwerde bekomme man "weiche Knie", auch weil Gauweiler und seine Anwaltskollegen mit mehreren Kurzgutachten hochrangiger Experten daherkämen. "Wenn man genauer hinschaut, bemerkt man, dass die Herrschaften Argumente des letzten Jahrhunderts verwenden." Auf Oppositionsrechte gingen sie in ihrem Schriftsatz gar nicht erst ein.

Schoffdorf fühlt sich öffentlich an den Pranger gestellt

Schottdorf, der sich demnächst in Augsburg vor Gericht verantworten muss, sieht sich unter anderem durch den Ausschuss öffentlich an den Pranger gestellt und fürchtet, in Augsburg keinen fairen Prozess mehr zu bekommen. Das Gremium überschreite zudem seine Zuständigkeiten. Deshalb will er erwirken, dass wesentliche Komplexe für den Ausschuss tabu sind. Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr empörte sich darüber. "Wir müssen jeden Anschein vermeiden, wir würden den Mist ernst nehmen." Florian Streibl (Freie Wähler) sah die "parlamentarische Demokratie" gefährdet. Der CSU-Abgeordnete Heike bezeichnete Schottdorfs Kritik als "übertrieben". Am Mittwochabend startete der Untersuchungsausschuss dann offiziell mit einer Sitzung hinter verschlossenen Türen. Dabei verständigte sich das Gremium nach Angaben von Ausschusschef Alexander König (CSU) auf den leicht gebremsten Start, wie ihn der Verfassungsgerichtshof empfohlen hatte. Dieser hatte gebeten, wesentliche Komplexe zurückzustellen, bis eine Entscheidung darüber getroffen sei, ob Schottdorfs Rechte durch den Ausschuss verletzt werden. "Der Ausschuss kommt der Bitte des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vollumfänglich nach", sagte König. Zudem will sich das Gremium zunächst nur mit den unstrittigen Akten beschäftigen. Auch beim eigenen Titel geht der Ausschuss auf Entspannungskurs. Das Wort Schottdorf kommt in ihm nicht vor, er trägt jetzt den Arbeitstitel "Labor".

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SZ vom 17.07.2014
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