Süddeutsche Zeitung

Salmonellen-Ausbruch:Seehofer verspricht Aufklärung des Bayern-Ei-Skandals bis Januar

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Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) drängt auf rasche Konsequenzen aus dem Bayern-Ei-Skandal. "Das muss jetzt schnell gehen im Sinne der Gesundheit der Verbraucher", sagte Seehofer am Dienstag, nachdem die Umwelt-und Verbraucherministerin Ulrike Scharf (CSU) im Kabinett über den Stand der Ermittlungen berichtet hatte. "Die Untersuchung muss bis spätestens Ende Januar abgeschlossen sein."

Zugleich stärkte Seehofer Scharf den Rücken. "Ich habe keinen Grund, an ihrer Amtsführung zu zweifeln", sagte er. "Mich hat sie im Kabinett überzeugt." Seehofer betonte aber, dass jetzt "alles schonungslos ohne Ansehen von Personen und Institutionen durchleuchtet werden muss". Deshalb begrüßte er die Entscheidung der Ministerin, einen externen Sonderermittler einzusetzen.

Hunderte Erkrankte, mehrere Tote - und ein Geschäftsführer in Untersuchungshaft

Scharf hatte dem Kabinett zuvor den Sachstand der Ermittlungen in dem Skandal um die Firma Bayern-Ei erläutert. Das niederbayerische Unternehmen hatte im Sommer 2014 offenkundig einen europaweiten Salmonellenausbruch ausgelöst, in dessen Verlauf Hunderte erkrankten und mehrere Menschen starben. Inzwischen sitzt deshalb nicht nur der vormalige Bayern-Ei-Geschäftsführer Stefan Pohlmann in Untersuchungshaft.

Das Umweltministerium hat auch zwei hohe Beamte vom Dienst suspendiert: Ende vergangener Woche wurde der Amtstierarzt am Landratsamt Straubing-Bogen in U-Haft genommen, weil er Bayern-Ei vor Betriebskontrollen gewarnt haben soll. Am Montag wurde ein Mitarbeiter der Regierung von Niederbayern vorläufig von seinen Aufgaben entbunden. Die Staatsanwaltschaft Regensburg wirft ihm vor, dem Unternehmen ebenfalls eine Probennahme angekündigt zu haben. Die Ermittler beschuldigen den Mann deshalb, sein Dienstgeheimnis verletzt zu haben. Der Beamte bestreitet den Vorwurf aber.

Sonderermittler soll den Skandal aufklären - und noch viel mehr

Scharf kündigte an, dass der Sonderermittler nicht nur den Bayern-Ei-Skandal untersuchen, sondern die Strukturen der bayerischen Lebensmittelüberwachung insgesamt überprüfen soll. "Die Sicherheit unserer Lebensmittel steht für mich an erster Stelle", sagte die Ministerin nach der Kabinettssitzung. "Wir werden mit dem Sonderermittler die Strukturen überprüfen und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen."

Außerdem betonte Scharf erneut, dass sie ein "schnellstmögliches Ende der Käfighaltung von Legehennen" herbeiführen will. Seehofer unterstützt Scharf darin. Wichtig seien jetzt Antworten auf die Fragen, "welche Lehren ziehen wir politisch?", sagte der Ministerpräsident. "Ist die Lebensmittelsicherheit richtig organisiert? Brauchen wir ein Vier-Augen-Prinzip? Ein rotierendes System?"

Außerdem äußerte sich erstmals Staatskanzleichef Marcel Huber zu dem Lebensmittelskandal. Er war in Hubers Zeit als Umwelt- und Verbraucherminister passiert. "Die Vorgänge erschüttern mich zutiefst", erklärte der Staatskanzleichef jetzt. Mit Blick auf die Vorwürfe gegen die beiden Beamten sagte er: "Als Dienstherr habe ich Vertrauen in einen vereidigten Beamten. Wenn so ein Vertrauen missbraucht wird, ist das erschütternd."

Man müsse nun überlegen, wie man in Zukunft solche Skandale verhindern könne. "Zwar wird man nicht jedem einzelnen Beamten einen zweiten danebenstellen können", erklärte Huber. "Aber wir brauchen ein System, dass so etwas nicht mehr passiert."

"Nicht wenige Personen aus unterschiedlichen Bereichen" beschuldigt

Die Staatsanwaltschaft Regensburg spricht mittlerweile vom "Ermittlungskomplex Bayern-Ei". Zur Anzahl der Beschuldigten will man sich zwar weiterhin nicht äußern. Doch gleichzeitig betonen die Ermittler: Außer dem Firmeninhaber Pohlmann, dem verhafteten Amtstierarzt und dem Mitarbeiter der Regierung von Niederbayern gibt es noch weitere Beschuldigte.

Dies ergebe sich allein aus dem Umfang der mutmaßlichen Taten und aus dem langen Zeitraum, über den diese offenbar verübt wurden. Auch die Tatsache, dass von mehreren Bayern-Ei-Standorten in mehreren Landkreisen Eier ausgeliefert wurden, spreche dafür, dass "nicht wenige Personen aus unterschiedlichen Bereichen" mit den Taten zu tun gehabt hätten.

Die Landtags-SPD warf Scharf abermals vor, dass sie die Lebensmittelkontrollen nicht im Griff habe. Ihr verbraucherpolitischer Sprecher Florian von Brunn will zusammen mit den Landtags-Grünen noch vor Weihnachten eine Sondersitzung des Umweltausschusses fordern. "Es stellt sich die Frage nach der Dienstaufsicht", sagte von Brunn.

Bei den Vorwürfen gegen die beiden Beamten handle es sich nicht nur "um individuelles Fehlverhalten". Es habe vielmehr strukturelle Ursachen. "Wir brauchen eine Unabhängigkeit der Amtsveterinäre und Lebensmittelkontrolleure auf allen Ebenen", sagte von Brunn. "Acht Jahre nach den Gammelfleisch-Skandalen stellen wir entsetzt fest: Es hat sich in der Lebensmittelkontrolle in Bayern nichts verbessert."

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SZ vom 09.12.2015 / fo, phg, wiw, cws
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