Süddeutsche Zeitung

Regensburger Korruptionsaffäre:Neue Vorwürfe gegen Wolbergs

Lesezeit: 2 min

Von Andreas Glas, Regensburg

Während der Regensburger Korruptionsprozess in dieser Woche Pause macht, sieht sich der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) mit neuen Vorwürfen konfrontiert. Die Vorwürfe stammen von Joachim Becker, der kürzlich als Geschäftsführer der städtischen Immobilientochter Stadtbau GmbH freigestellt worden war. In einem internen Stadtbau-Protokoll berichtet Becker, dass Wolbergs ihn im Dezember 2014 "zu einer vertraulichen Besprechung" in ein Regensburger Café gebeten habe.

Thema des Gesprächs sei die Bebauung des sogenannten Nibelungenareals gewesen, das im Zentrum der Korruptionsaffäre steht. Dabei, so Becker, hätten ihm Wolbergs und der ebenfalls anwesende Wirtschaftsreferent Dieter Daminger nahegelegt, die Stadtbau solle "aus übergeordneten Überlegungen" auf den Kauf von Grundstücken auf dem Nibelungenareal verzichten. Darüber und über den Ort des Gesprächs habe er sich "sehr gewundert", schreibt Becker in dem Protokoll, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Um die Bedeutung dieser Aussagen zu begreifen, muss man die Hintergründe des Gerichtsverfahrens kennen, das derzeit wegen Korruptionsverdachts gegen OB Wolbergs und den Bauunternehmer Volker Tretzel läuft. Beide bestreiten die Vorwürfe. Der Prozess soll klären, ob Wolbergs den Unternehmer im Gegenzug für Parteispenden in Höhe von 475 000 Euro begünstigt hat, als dieser der Stadt im Herbst 2014 drei Baugrundstücke auf dem Nibelungenareal abkaufte. Laut Staatsanwaltschaft soll sich Wolbergs für den Verkauf an Tretzel eingesetzt haben, obwohl die Stadtverwaltung andere Bieter bevorzugt haben soll, die letztlich bei der Vergabe der drei Bauabschnitte leer ausgingen. Die Stadtbau GmbH dagegen sollte den Zuschlag für weitere Bauflächen auf dem Nibelungenareal bekommen - und bekam diese am Ende auch.

Beim Gespräch im Café allerdings habe ihn Wolbergs dazu bewegen wollen, auf den Kauf jener Bauflächen zu verzichten, schreibt Stadtbau-Chef Becker in dem internen Protokoll. Darin legt Becker nahe, dass Wolbergs die Flächen lieber an Bauunternehmen vergeben hätte, die bei der Ausschreibung gegen Tretzel leer ausgegangen waren. OB Wolbergs und Referent Daminger hätten beim Gespräch im Café gesagt, dass es "darum gehe, Ärger, den unterlegene Bieter (...) zu machen drohen, zu vermeiden".

Auf SZ-Nachfrage bestätigt Wolbergs das Treffen mit Stadtbau-Chef Becker im Café. Den Inhalt des Gesprächs schildert er jedoch anders. Dabei sei es nicht darum gegangen, der Stadtbau GmbH Baugrund auf dem Nibelungenareal wegzunehmen, sondern um die Frage, "ob man ihr noch etwas zusätzlich gibt" oder dieses zusätzliche Baugrundstück an eine Wohnungsbaugenossenschaft verkauft, die sich erfolglos für die Flächen beworben hatte, die an die Firma Tretzel gegangen waren. Diese Idee habe er der Inhaberin der Wohnungsbaugenossenschaft damals "schon kommuniziert" gehabt. Dass er damit pflichtwidrig oder gegen die Interessen der Stadt gehandelt haben könnte, bestreitet Wolbergs - und lässt durchblicken, dass er Beckers Anschuldigungen für persönlich motiviert hält. Im Regensburger Rathaus gilt es als offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen OB Wolbergs und Stadtbau-Chef Becker schwierig war.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4189951
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.