Süddeutsche Zeitung

Polizistenmordprozess:Angeklagter lehnt Richter wegen Befangenheit ab

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Ihm werden mehrere Raubüberfälle und der Tod des Augsburger Polizisten Matthias Vieth zur Last gelegt: Am 22. September soll der Prozess gegen Raimund M. beginnen - vor den selben Richtern, die auch schon seinen Bruder verurteilt haben. Diese lehnt M. nun wegen Befangenheit ab.

Von Hans Holzhaider

Noch bevor der Augsburger Polizistenmordprozess in seine zweite Runde geht, hat der Angeklagte Raimund M. jetzt alle drei Berufsrichter der Schwurgerichtskammer wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

M.s Verteidiger Adam Ahmed macht geltend, dass die Richter das Verfahren nicht unvoreingenommen führen könnten, nachdem sie zuvor schon sieben Monate lang gegen Raimund M. verhandelt und dessen Bruder Rudi R. zu lebenslanger Haft verurteilt hatten. Sowohl in der mündlichen wie in der schriftlichen Urteilsbegründung hätten die Richter keinerlei Zweifel daran gelassen, dass sie auch Raimund M. für schuldig hielten, macht Ahmed geltend. Somit sei festzustellen, "dass das Urteil gegen meinen Mandanten längst geschrieben ist", heißt es in dem Ablehnungsantrag.

Die Brüder Rudi R. und Raimund M. waren angeklagt, am 28. Oktober 2011 den Polizeibeamten Mathias Vieth bei einem Schusswechsel getötet und dessen Kollegin verletzt zu haben. Außerdem wurden den Brüdern mehrere Raubüberfälle zur Last gelegt. Nach 29 Verhandlungstagen musste das Verfahren gegen Raimund M. abgetrennt werden, weil dieser wegen einer Parkinsonerkrankung und durch die Folgen einer langen Isolationshaft von einem Gutachter für verhandlungsunfähig erklärt wurde.

M. wurde im Mai 2014 zehn Tage lang in einer psychiatrischen Klinik beobachtet. Danach hielt ihn ein anderer Sachverständiger für verhandlungsfähig. Am 22. September soll der Prozess gegen M. wieder aufgenommen werden; er muss nach den Verschriften der Strafprozessordnung völlig von vorne aufgerollt werden. Dies sei ein Sachverhalt, wie es ihn in der deutschen Rechtsgeschichte noch nicht gegeben habe, sagt Ahmed. Die Richter könnten sich gedanklich unmöglich von den Feststellungen lösen, die sie im Urteil gegen den Bruder des Angeklagten getroffen hätten.

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Quelle:
SZ vom 01.09.2014
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