Süddeutsche Zeitung

Statement für Toleranz:Maibäume gegen rechts

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Von Dietrich Mittler, München

Bayerische Leitkultur, die kann ja so was von schön sein. Auch wenn sie nun am 1. Mai in einer Weise zelebriert wurde, welche die Urväter dieses politischen Kampfbegriffs nicht unbedingt so im Auge hatten. Unter dem Motto "Gemeinsam gut aufgestellt", wurden landesweit in gut 30 Gemeinden des Freistaats Maibäume aufgerichtet, mit denen explizit für mehr Toleranz geworben wird. Unter anderem etwa in Wassertrüdigen (Mittelfranken) und in Stammheim am Main (Unterfranken), im niederbayerischen Eggenfelden oder im oberbayerischen Chieming.

"In vielen dieser Orte sind Geflüchtete und Migranten an dieser Aktion beteiligt", sagte Martin Becher als einer der Organisatoren. Bewusst sei einer der Maibäume für Toleranz vor einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge aufgestellt worden.

"Es freut uns, dass auch Orte beteiligt sind, wo Nazis vergeblich versucht haben, Fuß zu fassen", sagte Becher. Auf jeden Fall aber seien die nun aufgestellten Maibäume "politisches Statement dafür, dass unser Land vielfältig und tolerant ist". Becher und seine Mitstreiter haben mit ihren Ideen bereits weltweit für Aufsehen gesorgt, etwa als er 2014 in Wunsiedel einen Nazi-Aufmarsch zu einem Spendenlauf gegen rechts umfunktionierte.

An der aktuellen Aktion beteiligten sich nicht nur Burschenvereine, Feuerwehren, Landjugendverbände und Gemeinden, sondern auch reichlich Prominenz - darunter Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Agrarminister Helmut Brunner (beide CSU) sowie der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.

Bei der Gestaltung der einzelnen Bäume wurde der Fantasie freie Bahn gelassen. Mancherorts zieren sie die bunten Abdrücke zahlreicher Kinderhände - andernorts bewiesen die Maibaumfreunde viel handwerkliches Geschick und zierten den Stamm mit geschnitzten Botschaften.

Barbara Stamm etwa beteiligte sich an einer Aktion, bei der bunte Luftballons steigen gelassen wurden, um das Ideal der Toleranz weit übers Land zu verbreiten. Dass dies dringend geboten ist, machte Landesbischof Bedford-Strohm deutlich: "Flüchtlinge und Asylbewerber wurden in Bayern im vergangenen Jahr weit über 400 Mal Opfer einer rechten Straftat - mehr als in jedem anderen Bundesland."

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Quelle:
SZ vom 02.05.2017
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