Süddeutsche Zeitung

Passauer Bischofs-WG:Beten und abwaschen

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Gemeinsam mit drei Bekannten zieht Stefan Oster, der neue Bischof von Passau, eine Wohnung. Vorher lädt er aber zu einem Rundgang ein - auch um Gerüchten vorzubeugen, denn unter den WG-Bewohnern sind auch zwei Frauen.

Von Wolfgang Wittl, Passau

Am Eingangsportal steht ein freundlich lächelnder Mann und sagt mit einladener Geste: "Kommen'S doch bitte herein." Das lassen sich die Kameraleute des Bistums Passau nicht zweimal sagen, schließlich ist der galante Gastgeber ihr oberster Vorgesetzter. Bischof Stefan Oster hat zum virtuellen Rundgang geladen, der in einem Videobeitrag auf der Internetseite der Diözese einzusehen ist. Für die öffentliche Visite gibt es gute Gründe.

Zum einen besteht in Deutschland seit gewissen Vorkommnissen in Limburg ein latentes Interesse, was die Wohngewohnheiten von Bischöfen betrifft. Zum anderen zieht der Passauer Oberhirte nicht alleine in das Gebäude am Domplatz 4 ein. Zusammen mit drei unmittelbaren Nachbarn - zwei Frauen, ein Mann - wird er die Räume in einer Art Wohngemeinschaft belegen. Schon allein um Gerüchten vorzubeugen, wie es heißt, habe Deutschlands mit 49 Jahren jüngster Diözesanbischof daher den Weg an die Öffentlichkeit gesucht.

"Bücher hab ich viele"

Für die Lokalzeitung war die Nachricht von derart immenser Bedeutung, dass sie es sogar ganz oben auf die Titelseite schaffte. Selbst die "Mondlandung des 21. Jahrhunderts" musste dafür weichen. Wer allerdings prunkvoll-barocke Räumlichkeiten zu sehen erhofft, wird enttäuscht. Alle Zimmer sind in kühlem Weiß gehalten, nur der braune Parkettboden verspricht bislang Behaglichkeit.

War Vorgänger Wilhelm Schraml für die mehrere hunderttausend Euro teure Sanierung seines Alterssitzes in Altötting vor Jahren in die Kritik geraten, dürfte Osters Einrichtung eher durch Schlichtheit bestechen: "Ich bin zwar Ordensmann und hab wenig, aber Bücher hab ich viele." Dies resultiere aus seiner Zeit als Hochschullehrer. Mehr als ein paar im Aufbau befindliche Regale sind denn auch nicht zu sehen. Noch vor Weihnachten will der Bischof vom Priesterseminar in die sanierte Dompropstei umziehen.

Mitbewohner zahlen ortsübliche Miete

Begleiten werden ihn drei Bekannte: Conrada Aigner von den Schwestern vom Heiligen Kreuz in Altötting ist im Bistum als Referentin für Exerzitien und Spiritualität tätig. Eckhard Hub und Stefanie Wanner kennt Oster aus seiner Zeit in Benediktbeuern. Bei den Salesianern Don Boscos lernte Oster den gemeinschaftlichen Alltag schätzen.

Wanner, 23, werde im Sekretariat mithelfen und sich um die Organisation des Archivmaterials sowie den Aufbau eines Archivs des Philosophen Ferdinand Ulrich kümmern, Osters geistlichem Mentor. Hub, 46, soll den Bischofsfahrer vertreten, in der bischöflichen Kapelle als Mesner und im Bischofshaus als Hausmeister mitarbeiten. Alle Bereiche seien voneinander getrennt, die Mitbewohner würden für ihre 34 bis 52 Quadratmeter großen Unterkünfte die ortsübliche Miete entrichten.

WG mit eigener Kapelle

Osters Appartement im zweiten Stock umfasst 105 Quadratmeter. Eine Etage tiefer befinden sich gemeinsame Küche und Wohnraum. Von einer klassischen WG im Studentensinn könne man aber gewiss nicht sprechen, sagt der Bischof. Besonders wichtig ist ihm die kleine bischöfliche Kapelle, "in der wir - so hoffe ich - auch das geistliche Leben miteinander teilen".

Versorgen will sich Oster offenbar selbst - oder gemeinsam mit den Mitbewohnern kochen. Wie der Regensburger Oberhirte Rudolf Voderholzer, der statt der größeren Bischofsräume eine Personalwohnung bezogen hat, will auch Oster auf Haushälterinnen verzichten. Für jeden Fortschritt ist allerdings auch er nicht zu haben. Als er seinen Blick durch die Wohnung schweifen lässt, entfährt es ihm: "Irgendjemand hat mal vorgeschlagen: Ankleidezimmer. Aber ich bin ein Mannsbild, ich hab noch nie ein Ankleidezimmer gehabt."

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Quelle:
SZ vom 14.11.2014
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