Süddeutsche Zeitung

Parteinterner Streit eskaliert:AfD-Fraktion will Franz Bergmüller loswerden

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Chefin Ebner-Steiner wirft dem Abgeordneten "mangelnde Loyalität" vor. Am Dienstag soll über den Ausschluss abgestimmt werden

Von Lisa Schnell, München

In der AfD-Landtagsfraktion eskaliert der Streit. Nach dem Austritt des mittelfränkischen Abgeordneten Raimund Swoboda aus Partei und Fraktion soll nun Franz Bergmüller "wegen mangelnder Loyalität" aus der Fraktion ausgeschlossen werden. Der Oberbayer Bergmüller gehört wie Swoboda dem gemäßigten Lager an und ist einer der schärfsten Kritiker von Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner. Nach Swobodas Rückzug warnte er vor einem "Rechtsruck" und forderte eine grundsätzliche Diskussion über den politischen Kurs in der Fraktion.

Nun soll die Fraktion kommenden Dienstag über seinen Ausschluss beraten. Fraktionschefin Ebner-Steiner rechnet fest damit, dass die notwendige Zweidrittelmehrheit zustande kommt. Der Antrag komme "aus der Mitte der Fraktion", teilte sie in einer Stellungnahme mit. Bergmüller selbst dagegen sieht der Abstimmung gelassen entgegen und wertet den Antrag als eine Verzweiflungstat. Ebner-Steiner wolle sich "von sachlicher Kritik an ihrer Person durch Rundumschläge befreien" und das Signal setzen: "Wer mir widerspricht oder mich kritisiert, fliegt raus", schreibt er in einer Mitteilung.

In den vergangenen Wochen habe der Druck auf Ebner-Steiner an der Parteibasis täglich zugenommen. Die Vorwürfe gingen von mangelnder Führungsqualität bis hin zum offenkundigen Verlust jedes Bodenkontakts. Mit seiner Kritik habe er nur die "Ur-Werte der AfD" befolgt: "Meinungsfreiheit und Redlichkeit nun mit den Begriffen ,Illoyalität' und ,Parteiausschluss' niederschmettern zu wollen, weil man sich als Vorsitzende in großer Not befindet: Da weiß ich im ersten Moment gar nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll?" Am Ende werde man sehen, wer in der Fraktion sich davon einschüchtern lasse. Unterstützung bekommt Bergmüller von Markus Plenk, der mit Ebner-Steiner an der Spitze der Fraktion steht und ebenfalls zu ihren Kritikern gehört. Bergmüller und dessen Wirtschaftskompetenz seien "wichtig für die Fraktion", sagte Plenk am Sonntag der SZ. Sein Ziel ist es, dass der Antrag zurückgezogen wird: "Ich hoffe und glaube, dass es nicht so weit kommt."

Beide Lager versuchen bis zum Dienstag ihre Mehrheiten zu organisieren. Die Vertrauten um Ebner-Steiner sind sehr zuversichtlich. Sie habe zwei Drittel der Fraktion, also 14 Abgeordnete, hinter sich: einen harten Kern aus etwa neun Abgeordneten und "Pragmatiker", die sich sicher auf die Seite der Gewinnerin schlagen würden.

Andere dagegen glauben nicht an einen Erfolg von Ebner-Steiner, "weil wir noch deutlich zu viele Vernünftige da drin haben", wie ein Abgeordneter sagt. Er möchte nicht namentlich genannt werden, um "nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen". Dass einige von dem Ausschlussantrag erst aus der Presse erfahren haben, findet er "bodenlos". Ginge der Antrag durch, stünde eine "Gleichschaltung" der Fraktion durch Ebner-Steiner nach dem Motto bevor: "Alle, die brav und folgsam sind bleiben, der Rest muss gehen." Natürlich habe sich Bergmüller mit seiner wenig diplomatischen Art nicht nur Freunde gemacht, aber "das geht doch ganz vielen deutlich zu weit." Mit den Werten der AfD wie "Mut zur Wahrheit" und "Basisdemokratie" habe Ebner-Steiners Verhalten nichts mehr zu tun. "Sie möchte halt mit Gewalt Karriere machen und überzieht." Wie man kurz vor der Europawahl "so einen Schwachsinn" machen kann, verstehe er nicht. Für den Fall, dass Bergmüller doch ausgeschlossen wird, prognostiziert er weitere Austritte.

Auch im Lager von Ebner-Steiner ist die Rede von einem möglichen Rückzug und zwar ihres Co-Fraktionschefs Plenk. Nach Swobodas Austritt hatte sich Plenk ähnlich geäußert wie Bergmüller. Er sprach von einem "Warnsignal" und kündigte Maßnahmen an, um weitere Austritte zu verhindern. Den Vorwurf der Illoyalität erheben einige auch gegen ihn. Zudem wird ihm vorgeworfen, "total untergetaucht" und für die Fraktion nicht erreichbar zu sein. Plenk hatte die große Bühne bisher Ebner-Steiner überlassen. Käme es zu einem Ausschluss Bergmüllers, erscheint einigen der Rückzug Plenks als logische Folge. Im Herbst wird der Fraktionsvorsitz neu gewählt. Eine erneute Doppelspitze gilt im Lager von Ebner-Steiner als wenig erstrebenswert.

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Quelle:
SZ vom 01.04.2019
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