Süddeutsche Zeitung

Ostallgäu:Wie sich das Marktoberdorfer Krankenhaus gegen seine Sprengung wehrte

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Mehr als zwei Wochen hat das Gebäude standgehalten, jetzt ist es doch in sich zusammengefallen. Eine solche Bockigkeit hat der Sprengmeister noch nie erlebt.

Von Andreas Glas

Er will nicht mehr drüber reden, er habe "keinen Kopf" dafür, lässt Olaf Hoyer ausrichten. Es ist jetzt drei Tage her, aber der Stachel sitzt noch tief beim Sprengmeister. Es war ja schon der zweite Versuch, das frühere Krankenhaus in Marktoberdorf (Kreis Ostallgäu) zu sprengen, aber auch beim zweiten Anlauf am vergangenen Mittwoch hat sich das alte Gebäude wacker, ja, heldenhaft zur Wehr gesetzt.

Zur Freude der Schaulustigen, die in sicherer Entfernung dabei waren oder die Sprengung im Netz verfolgt haben, der Bayerische Rundfunk hatte einen Livestream eingerichtet. Gelächter, Gejohle und Applaus waren zu hören, nachdem es geknallt hatte, aber wieder nur ein Teilstück aus dem Betonklotz rausgebrochen war.

Schon die Schließung des Klinikums 2013 hatten die Marktoberdorfer mit Großdemos, Mahnwachen und Unterschriftenaktionen bekämpft, auch gegen die Sprengung war protestiert worden. Zuerst also wehrten sich die Menschen - dann wehrte sich das Klinikgebäude bis aufs Blut. Das Haus ließ sich einfach nicht kleinkriegen, eine solche Bockigkeit hat Sprengmeister Hoyer noch nie erlebt. "Das ist das erste Mal in meiner Laufbahn, dass mir eine Nachsprengung so misslingt", sagte er dem BR kurz nach seinem persönliches Waterloo in Marktoberdorf. "Natürlich kratzt mich das an der Ehre und ich hätt's jetzt gerne daliegen gehabt", sagte Hoyer, der sich doch so sicher gewesen war, diesmal alles richtig berechnet zu haben. "Aber wenn das für die eine oder andere Ecke nicht reicht, muss man halt sagen - Scheiße."

Eine dritte Sprengblamage bleibt Hoyer jedoch erspart. Offenbar völlig entkräftet von den zwei Sprengversuchen hat das Resthaus seinen Widerstand am Freitag von sich aus aufgegeben - und ist in sich zusammengestürzt. Einfach so. Für Sprengmeister Hoyer dürfte es eine kleine Genugtuung sein.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2017 / gla
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