Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Gemeinsam für die Kunsterfahrung

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Heike Friedrich und Uli Schägger, Gründer des Dream House in Polling, sind tot.

Von Sabine Reithmaier

Groß reden war ihre Sache nicht. Heike Friedrich und Uli Schägger legten Wert darauf, ihren Besuchern die ungestörte Erfahrung von Kunst zu ermöglichen. Nur wenn ein Gast wirklich mehr hören wollte über die Hintergründe ihres Pollinger Dream House oder die komplexen Kompositionen von La Monte Young, wurde Uli Schägger etwas gesprächiger. Sonst galt für beide: Kunsterfahrung ist Gegenwartserfahrung, und die macht jeder für sich allein.

Anders als ihr um eine Stunde jüngerer Zwillingbruder Heiner Friedrich, der schon 1963 seine erste Galerie in München gründete, arbeitete die 1938 geborene Heike Friedrich jahrelang in der psychologischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Ulrich Schägger, 1949 geboren, studierte Philosophie und Physik, ohne zu ahnen, dass diese Fächer ihn ideal für seine spätere sowohl technisch als auch kunsttheoretisch höchst fordernde Aufgabe qualifizieren sollten. Denn La Monte Young, einer der Begründer der Minimal Music, stellt hohe Ansprüche in jeder Hinsicht.

Den Komponisten und dessen Frau, die Lichtkünstlerin Marian Zazeela lernten Friedrich und Schägger 1992 auf einer Reise zu amerikanischen Kunstorten kennen. Deren New Yorker Dream House, ein begehbares Gesamtkunstwerk aus Klang, Licht und Raum, begeisterte die beiden so sehr, dass sie beschlossen, das Projekt, unterstützt vom Künstlerpaar, auch in Deutschland zu verwirklichen. Nach langer Suche fanden sie in Polling den "Regenbogenstadl", ein ehemals zum Kloster gehörendes, landwirtschaftlich genutztes Gebäude und wandelten es um in ein Haus, in dem alle Sinne angesprochen werden und sich die Grenzen zwischen bildender Kunst und Musik verwischen. Wer heute eintritt, besucht eine von Sehnsucht nach Langsamkeit erfüllte Welt. Dämmriges Licht, weiche Teppiche. Zazeelas Installationen tauchen alles in magentafarbenes Licht, während ein gleichsam unendlicher Klang auf- und abschwillt. Alles in reiner Stimmung - nur dann können Geist, Seele und Kosmos zusammenfinden.

Dass diese intensive Erfahrung seit mehr als 20 Jahren in Polling möglich ist, ist allein dem Einsatz des bescheidenen Galeristenpaars zu danken. Wie nah sich die beiden standen, zeigt nun auch ihr Tod. Uli Schägger starb am 24. Dezember, Heike Friedrich folgte ihm vier Tage später.

Ihr Lebenswerk bleibt. Die Verantwortung dafür übernimmt das von Heiner Friedrich gegründete Museum DasMaximum in Traunreut.

Die Trauerfeier findet am Montag, 8. Januar, 14 Uhr, in der Stiftskirche Polling statt.

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