Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bayern:Wald und Wut - und die CSU

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Nationalpark, Biosphärenreservat, jetzt womöglich ein Atommülllager? In Unterfranken geht es scheinbar drunter und drüber in den Debatten. Fest steht nur die eindringliche Warnung: Leg dich nicht mit einem Spessarter an!

Kolumne von Olaf PRzybilla

Die Bilder sind noch präsent, und es sind ja auch erst drei Jahre vergangen seither: Wutentbrannte Spessarter halten Schilder in die Höhe und geben Sprüche zum Besten, bei denen einem kalt werden konnte: Man solle sich nie mit einem Spessarter anlegen, weil die Orte kennen, wo einen keiner findet. Sehr nah dran war damals die CSU. Sprüche aus dieser Schublade sind nicht überliefert, aber die CSU-Botschaft war ganz klar: Unser Spessart ist schön - für was brauchen wir da einen Nationalpark?

Übrigens galt das auch für spätere Ideen, wenigstens ein Biosphärenreservat aus dem Laubmischwald mit seinen jahrhundertealten Eichen zu machen. Zu "emotional" war die Nationalparksdebatte, zu tief sind die Wunden. Der Wald und die Wut - das will die CSU nicht noch mal.

Jedenfalls bislang. Nun freilich dringt durch, dass sich führende CSUler aus der Spessartregion zumindest in Hinterzimmern sehr wohl Gedanken darüber machen, sich wenigstens die Idee mit dem Biosphärenreservat doch mal etwas genauer anzuschauen. Aber bitteschön: Ist das nicht toll? Schließlich will man doch Politiker, die ihren Standpunkt von einst immer mal wieder überprüfen, oder?

Aber natürlich. Nur gibt es da auch einen leisen Verdacht, dass dies nicht so ganz freiwillig passieren könnte. Und womöglich - aber das ist reine Spekulation - hat dabei ein Artikel im Main Echo eine gewisse Rolle gespielt, in dem kürzlich ein regionaler Gesteinsspezialist hat einfließen lassen, dass es schon stimme: In Teilen der Region sei, wie das hinlänglich bekannt ist, der Boden in Spessartnähe zerklüftet und wasserlöslich; andernorts wiederum sei das Gestein dort besonders hart - und unterm Strich, nach Meinung dieses Mannes, eigentlich "gut geeignet". Für was? Für ein Atommüllendlager.

Öha. War nicht die Rede davon, dass Regionen mit besonderem Naturschutzstatus dafür kaum in Frage kommen? Schon, aber der Spessart ist ja nicht besonders geschützt. "Bisher waren Nationalpark oder Biosphärenreservat im Spessart Teufelswerk", schreibt der SPD-Kreisrat Harald Schneider auf Facebook . "Jetzt, da der Spessart eventuell als Atommüllendlager in Frage kommen könnte, bringen die betroffenen Landräte ein Biosphärenreservat ins Spiel." Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Respektive Gutes.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2020
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