Süddeutsche Zeitung

Mitten in Bayern:Seeschlacht im Stehen

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Wegen des verschärften Verdrängungswettbewerbs auf dem Wasser will der Seehauser Fremdenverkehrsverein im Strandbad keine SUPs mehr sehen

Kolumne von Matthias Köpf

Den aufrechten Gang sieht der Mensch gern als Alleinstellungsmerkmal an, und das vermutlich schon seit der Zeit, als er noch gar kein richtiger Homo erectus war, sondern erst ein schnöder Australopithecus afarensis. Vom Homo sapiens mal ganz zu schweigen, der Weisheit letztem Schluss bisher. Jedenfalls hat es der Mensch in seiner langen Gattungsgeschichte inzwischen ja auch zu allerlei Werkzeugen und Gerätschaften gebracht. Als Schwimmhilfe sind da zuletzt zum Beispiel die sogenannten SUPs aufgekommen, und die verbinden die aufrechte Haltung und den Werkzeuggebrauch praktisch auf das Erhabenste. Im Strandbad von Seehausen am Staffelsee geht da jetzt aber nichts mehr.

Dort, so schildert es die Vorsitzende des Seehauser Fremdenverkehrsvereins, schien schon länger eine Art Krieg zu herrschen. Den Krieg halten manche ja ebenfalls für einen entscheidenden Antreiber aller technischen Entwicklung, wenn nicht gleich für den Vater aller Dinge. Der Fremdenverkehrsverein will statt der dauernden Seeschlachten jetzt aber endlich Frieden haben auf Wasser und Wiesen. Und deswegen will er seit dieser Saison keine SUPs mehr hineinlassen.

Das Stand-up-Paddling vertrage sich nicht mit dem Badebetrieb, findet der Verein. Manche Stehpaddler stocherten sich rücksichtslos durch die Schwimmer, samt gelegentlichem Kopfkontakt. Manche ließen die Boards überall zu Wasser, nur nicht im vorgesehenen Strandabschnitt. Manche sparten sich den Eintritt, indem sie vom See her ins Bad paddelten. Und auf den knappen Schattenplätzen könne kein Mensch mehr liegen, weil dort die SUPs gelagert würden. Denn die Boards sind gar keine richtigen Bretter, sondern aufgeblasene Kunststoffhüllen, denen hitzebedingte Ausdehnung droht.

Nicht das Aufrechte, aber immerhin das Aufgeblasene teilen die SUPs noch mit dem Gummiboot, einem fernen Vorfahren. Auf die paar Gummibootfahrer, die es noch gibt, blicken Stehpaddler erhaben herab. Dabei ließen sich mit Gummibooten auch schon alle Probleme herbeipaddeln, die es mit den SUPs so gibt, samt einer Art Autoscooter zwischen den Schwimmern. Aber über das Gummiboot ist die Evolution hinweggegangen. Den SUPs wird es irgendwann ähnlich ergehen, und dem Homo sapiens sowieso.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2019
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