Süddeutsche Zeitung

Mittelfranken:"Männer begreifen ihren Körper wie ein Auto"

Lesezeit: 1 min

Matthias Becker ist Ansprechpartner für Männer in Nürnberg, der erste seiner Art in Deutschland. Aber kein Männerbeauftragter - darauf legt er Wert.

Von Katja Auer

Als Matthias Becker vor fast 20 Jahren eine längere Elternzeit antrat, da war denjenigen, die ihn mit seinen Söhnen auf dem Spielplatz antrafen oder beim Einkaufen, schnell klar, dass mit dem Mann irgendwas nicht stimmen konnte.

Arbeitslos wahrscheinlich, auf jeden Fall komisch. Ein Mann, der daheim bleibt, weil er sich um seine Kinder kümmern möchte, war damals eine Ausnahme. Später, nach dem dritten Sohn, arbeitete Becker Teilzeit, wie seine Frau. Sie teilten sich Erziehung, Haushalt und Beruf. Verrückt.

Nach solchen Erfahrungen trifft es Matthias Becker heute kaum, wenn jemand spottet über seinen neuen Job. Der 52-Jährige ist Nürnbergs "Ansprechpartner für Männer", der erste seiner Art in Deutschland. Kein Männerbeauftragter, darauf legt er Wert, dieser Begriff soll den Frauen vorbehalten bleiben, historisch aufgeladen wie er ist. Dass Männer dennoch Redebedarf haben, ist für Becker eindeutig.

Becker will mit Rollenbildern aufräumen

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Umgangsrecht mit den Kindern nach einer Trennung, häusliche Gewalt, mit solchen Themen können Nürnberger Männer zu Becker kommen. Auch um Gesundheit soll es gehen. "Männer begreifen ihren Körper wie ein Auto: Wenn etwas kaputt ist, lassen sie es reparieren", sagt Becker.

Nicht der Ansatz, den er verfolgt. Er will mit Rollenbildern aufräumen, die es Männern schwer machten, sich nicht so zu verhalten, wie es das Klischee verlangt. Dafür haben sie ihm im Büro der Frauenbeauftragten einige Stunden abgegeben, wenn es gut läuft, soll die Stelle dauerhaft eingerichtet werden.

Der Vater von drei Kindern ist Sozialpädagoge und, möchte man ein Klischee bemühen, das sieht man auch. Die ergrauten Haare zum Zopf gebunden, am Ohr glänzt ein silberner Ring. Becker kommt aus der Jugendarbeit, der Jungenarbeit vor allem, und das Genderthema beschäftigte ihn schon, als andere noch nicht mal den Begriff kannten. Pionierarbeit, das scheint dem Mann zu liegen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3109076
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.08.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.