Süddeutsche Zeitung

Missbrauchsvorwurf gegen Bischof:Die Akte Mixa

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Eine "labile" Entscheidung, ein Dossier über die Missbrauchsvorwürfe: Nach mehreren dramatischen Wendungen im Fall Mixa wird der Papst das Rücktrittsgesuch nun offenbar annehmen.

Matthias Drobinski

Der Augsburger Bischof Walter Mixa soll in seiner Zeit als Bischof von Eichstätt (1996-2005) einen Minderjährigen sexuell missbraucht haben. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat entsprechende Vorermittlungen aufgenommen; unterrichtet wurde sie nach Informationen der Süddeutschen Zeitung direkt vom Bistum Augsburg, nachdem sich dort jemand aus dem Umfeld des möglichen Opfers gemeldet hatte.

Offenbar geht es nicht um schwere Übergriffe, die Vorwürfe hätten aber so viel Substanz, dass, so eine Bistums-Sprecherin, "in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz" den "zuständigen Stellen Hinweise zur Kenntnis gebracht und angezeigt" wurden.

Mixa hatte am 21. April Papst Benedikt XVI. um Entpflichtung aus dem Amt gebeten. Ehemalige Heimkinder werfen ihm vor, dass er sie in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen geschlagen habe; außerdem soll er Geld zweckentfremdet haben. Der vom Träger des Heims eingesetzte Sonderermittler Sebastian Knott wird voraussichtlich am kommenden Freitag einen umfangreichen Untersuchungsbericht vorlegen. Seit seinem Rückzug aus dem Amt hält sich Mixa zur Behandlung in einer Fachklinik in der Schweiz auf.

Nach SZ-Informationen gab es in den vergangenen Tagen mehrere dramatische Wendungen des Falls. Am Donnerstag vergangener Woche flogen der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, und der Münchner Erzbischof Reinhard Marx nach Rom, um mit Papst Benedikt XVI. über Mixas Rücktrittsgesuch zu reden. Am Morgen dieses Tages erhielten sie die Information, dass es den Vorwurf des sexuellen Übergriffs gegen den Augsburger Bischof gibt.

Sie legten offenbar eine Art Dossier über Mixa vor, in dem es auch um das Problem des Nähe-Distanz-Verhältnisses zu Priesterseminaristen ging; in diesem Zusammenhang tauchte der Missbrauchsvorwurf auf. Marx und Zollitsch konnten, so heißt es, glaubhaft machen, dass Mixa sein Rücktrittsgesuch aus eigenem Antrieb formuliert und eingereicht hatte - er habe den Text dreimal eigenhändig geändert.

In der Folge soll Mixa allerdings auch überlegt haben, das Gesuch zurückzuziehen. Marx und Zollitsch seien diese Woche in die Schweiz gereist, um ihn davon abzubringen. Seine Entscheidungsfindung sei "labil" gewesen. Er gehe nach wie vor davon aus, niemals Kinder über eine spontane Ohrfeige hinaus geschlagen zu haben.

Mixas Anwalt Gerhard Decker betonte, sein Mandant weise auch "die jetzt gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück" und werde "nach Kräften mit der Staatsanwaltschaft Ingolstadt zusammenarbeiten, um den Fall restlos aufzuklären".

Trotzdem scheint die Annahme des Rücktrittsgesuchs durch Papst Benedikt unmittelbar bevorzustehen; das Bistum Augsburg plant für diesen Samstag eine Pressekonferenz. Es heißt, der Papst habe sich schon zur Annahme des Gesuchs entschieden, bevor der neue Verdacht aufgetaucht ist.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2010
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