Süddeutsche Zeitung

Sexismus-Debatte:Shitstorm für die Chefsache

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Das Landratsamt in Miesbach sucht per Social-Media-Post ausdrücklich eine Assistentin für den Landrat. Doch das Betriebsklima im Internet ist da deutlich rauer als in der Kreisbehörde.

Glosse von Matthias Köpf

Jenes Bild, so heißt es aus dem Landratsamt in Miesbach, solle doch nur "die positive, freundliche Grundstimmung vermitteln", die im Hause herrsche. Und das wäre ja schön und gut für die fünf Fotografierten. Sogar Landrat Olaf von Löwis lächelt da voller Ausdauer, obwohl ihm eine Assistentin einen Telefonhörer hinhält, eine andere einen Stapel Akten, eine dritte ein Tablet und die vierte irgendwas anderes - offenbar ebenfalls eine "Chef-Sache", wie auf dem Bild gleich dabei steht, zusammen mit einer klaren Anweisung: "Werde Assistentin des Landrats!"

In der förmlichen Stellenanzeige wird da natürlich eine "Assistenz (m/w/d)" gesucht, und das wahlweise in Voll- oder Teilzeit. Das Foto in den flankierenden Posts auf allen landratsamtlichen Social-Media-Kanälen sollte ja eben nahelegen, das Betriebsklima gerne auch in Vollzeit auszukosten. Das Betriebsklima im Internet jedoch ist nicht ganz so umgänglich. Das hat die Behörde jetzt erst einmal zum Abschalten der Kommentarfunktion veranlasst.

Dass das Foto, das der Mann in der Mitte und seine vier Assistentinnen da abgeben, vielleicht nicht den aktuellen Anforderungen an gendergerechtes Bebildern entspricht, geben sie im Miesbacher Landratsamt schon zu. Aber es entspreche halt der Wirklichkeit, denn auf dem Foto sei nicht nur der Landrat echt, sondern auch die Assistentinnen, von denen eine bald eine Vertretung brauche. Außerdem assistierten jene Frauen auch den fünf Abteilungsleitungen, von denen laut Organigramm derzeit vier mit Frauen besetzt sind, so wie überhaupt zehn von 22 Führungskräften im Amt weiblich seien.

Und während man für das Bild übers Wochenende mehr als 70 Likes eingesammelt habe, sei am Montag plötzlich der Shitstorm losgebrochen - auch mit vielen Kommentaren, die den kritisierten Sexismus des Stellenanzeigen-Posts noch weit übertreffen. Unter anderem davor müsse man die vier Mitarbeiterinnen schützen. Die bestünden trotzdem darauf, dass das Bild im Netz bleibe.

Derzeit sind im Amt die IT- und die Rechtsabteilung damit beschäftigt, aus Hunderten Nachrichten die allergröbsten herauszufiltern, gegen die man rechtlich vorgehen wolle. Die Personalabteilung hat aber auch zu tun. Denn drei Bewerbungen waren auch dabei. Zwei von Frauen und eine von einem Mann.

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