Süddeutsche Zeitung

Prozess in Nürnberg:"Pakt mit dem Teufel"

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Mit zahlreichen Messerstichen soll ein 32-Jähriger seinen Nebenbuhler ermordet haben - angeblich angestiftet von seiner früheren Geliebten. Vor Gericht wurden nun die Chat-Nachrichten des ehemaligen Liebespaares vorgelesen.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Geht es nach der Staatsanwaltschaft, so könnte sich dieser Mordfall bestens als Vorlage für einen Sonntagabendkrimi eignen. Laut Anklage soll Michael M., 32, im Juli 2019 den Liebhaber von Sarah D., 32, grausam zugerichtet, ermordet und im Wald liegen gelassen haben, wo ihn später ein Pilzesammler gefunden hat. Beide, M. und D., waren zu diesem Zeitpunkt mit anderen Partnern verheiratet. Allerdings pflegte Sarah D. zu zwei weiteren Männern intensivere Beziehungen. Einer davon war Michael M., der sich seit Dienstag im neuen Schwurgerichtssaal des Nürnberger Justizzentrums wegen Mordes verantworten muss. Der andere war Christian B., 27, der ihm zum Opfer gefallen sein soll.

Angeklagt aber ist auch Sarah D. - und zwar wegen Anstiftung zum Mord. Sie soll, so sieht es die Staatsanwaltschaft, Michael M. über Whatsapp und Facebook dazu aufgefordert haben, gleich zwei Männer wegzuschaffen: erstens ihren Liebhaber B. und zweitens ihren Ehemann. Letzteres, davon jedenfalls geht die Anklage aus, habe nur deswegen nicht funktioniert, weil M. zuvor festgenommen worden ist.

Staatsanwälte lesen die Liebesnachrichten vor

Dass in einem Gerichtssaal vor Liebesschwulst triefende SMS vorgetragen werden, ist eher nicht die Regel. In diesem Fall bemühen sich gleich zwei Staatsanwälte darum, zur besseren Verständlichkeit haben sie die Rollen aufgeteilt. Der erste Ankläger verliest die Mitteilungen von Sarah D.; der zweite Ankläger verliest jene von Michael M. In welchem Verhältnis diese beiden stehen, ist nicht ganz einfach zu durchschauen. Beide waren zum Zeitpunkt des SMS-Verkehrs verheiratet, aber eben nicht miteinander. Beide waren früher mal miteinander liiert. Beide hatten wohl auch mindestens einmal Sex miteinander nach ihrer Beziehung. Die Staatsanwaltschaft geht nun davon aus, dass Michael M. der Sarah D. zum Zeitpunkt ihres intensiven SMS-Verkehrs "hörig" gewesen sein soll.

Die Kommunikation hört sich - vorgetragen von zwei Staatsanwälten - im Gerichtssaal so an. Michael M.: "Da du mir alles bedeutest auf der Welt und nichts anderes. Nur du." Sarah D.: "Hoffe beide sind bald weg." Michael M. will den "Pakt mit dem Teufel eingehen" und bittet vorsorglich "um Vergebung von Gott". Sarah D. findet, dass "man langsam was machen muss". Außerdem: "Es muss ez sein" und "Ich drück dir die Daumen, dass alles gut geht und morgen früh alles vorbei ist." Zehn Tage später soll M. den 27-jährigen B. in der Nähe von Lauf an der Pegnitz zunächst mit einem Messer attackiert, ihn danach in ein Waldstück geschleppt, ihm 27 Stichwunden zugefügt und am Ende mit einem nicht aufgefundenen Gegenstand erschlagen haben.

M. sagt nichts am ersten Verhandlungstag, einem psychiatrischen Gutachter gegenüber hat er die Tat abgestritten. Der Anwalt von D. erklärt, die These, seine Mandantin habe einen Mord in Auftrag gegeben, entspringe der "interpretativen Fantasie der Staatsanwaltschaft". In den SMS sei von "machen" die Rede, nicht von Mord. Dass jemand "weg" müsse, heiße doch nicht, dass man ihn umbringen soll. Für den Indizienprozess wurden bis Weihnachten 38 Zeugen benannt.

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